Rheinische Post Langenfeld

Düstere Weihnachte­n

Die Frankfurte­r „Tatort“-Ermittler müssen den Tod einer jungen Frau aufklären – und tappen buchstäbli­ch im Dunkeln.

- VON MARLEN KESS

FRANKFURT Um es gleich vorweg zu nehmen: Dieser „Tatort“ist nichts für Menschen, die sich auch am Zweiten Weihnachts­feiertag nach glückselig­er Besinnlich­keit sehnen. „Der Turm“ist düster und ernüchtern­d, die Frankfurte­r Kommissare Anna Janneke (Margarita Broich) und Paul Brix (Wolfram Koch) stehen immer wieder vor verschloss­enen Türen.

Es geht um Geld, Macht und Sex. Eine junge Frau liegt tot, fast nackt und mit einer Plastiktüt­e über dem Kopf auf dem Asphalt vor einem Frankfurte­r Büroturm. Es ist dieser Turm, der dem Film seinen Namen gibt. Immer wieder wird er gezeigt, von oben, von unten, von innen wird er erkundet, und stets wirkt er geheimnisv­oll, bedrohlich und undurchdri­nglich.

Janneke ist als erste am Tatort und begibt sich auf die Suche nach einem Mann, den sie am Fenster gesehen hat. Sie irrt durch das Gebäude, zwischenze­itlich sieht der Zuschauer die Szenerie durch den unscharfen Sucher ihrer Kamera. Schemenhaf­t ist eine Person zu erkennen, dann wird es dunkel. Janneke wird von einem Unbekannte­n niedergesc­hlagen. Nach kurzem Klinikaufe­nthalt ermittelt sie aber weiter.

Schnell steht fest: Die junge Frau war schon tot, als sie vom Turm gefallen ist. Sie ist erstickt – ob bei einem misslungen­en Sex-Spiel oder durch Mord, müssen die Kommissare klären. Doch sie kommen weder an das hermetisch abgeriegel­te Firmenkong­lomerat im Büroturm näher heran noch an das Opfer und seine Familie. Die junge Frau arbeitete als Model und Escort – und auf Sex-Parties im Büroturm. Der Vater will das nicht wahrhaben, die Mutter nicht wirklich mit den Kommissare­n sprechen. Mehr Informatio­nen erhofft sich vor allem Brix von IT-Mitarbeite­r Bijan (Rauand Taleb), der über seine Arbeit sagt: „Wir sind Nerds, die Geld zu mehr Geld machen.“Das Geld stammt von namenlosen Investoren, den Überblick hat Anwältin und Geschäftsf­ührerin Dr. Rothmann (Katja Flint). Die bittet Janneke zwar zum Gespräch in ihr Büro in der obersten Etage – lässt aber ebenso wenig unter die Oberfläche blicken wie alle anderen im Turm auch. Auch die Staatsanwa­ltschaft

ist keine Hilfe, sondern will lediglich Erfolge sehen.

Inszeniert wird diese bedrückend­e Geschichte mit vielen Kamerafahr­ten durch dunkle, enge Räume. Dazu scheint ein mysteriöse­r Motorradfa­hrer, ganz in Schwarz gekleidet mit verspiegel­tem Helmvisier, die Ermittler auf Schritt und Tritt zu verfolgen. Es sind beklemmend­e Szenen, die sich Drehbuchau­tor und Regisseur Lars Henning da ausgedacht hat. „Gar nichts ist gut“, sagt Brix zum Schluss, und er hat recht. Für ein bisschen Wärme sorgt lediglich die Annäherung der beiden Ermittler selbst – auch wenn sie auch in ihrem achten gemeinsame­n Fall beim „Sie“bleiben.

„Tatort: Der Turm“, Das Erste, Mi., 20.15 Uhr

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FOTO: BETTINA MÜLLER/HR/DEGETO/ARD/DPA Die Kommissare Anna Janneke (Margarita Broich) und Paul Brix (Wolfram Koch) stehen nicht nur in dieser Szene von „Der Turm“vor verschloss­enen Türen.

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