Rheinische Post Langenfeld

18 Jahre alt und eine Million Schutzenge­l

Nachwuchsr­ennfahreri­n Sophia Flörsch überlebt einen Horror-Unfall. Doch sie glaubt an ihre PS-Karriere.

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MÜNCHEN (dpa) Ein Stück Metall wird Sophia Flörsch wohl ein Leben lang an ihren schrecklic­hen Unfall in Macao erinnern. Die 18 Jahre alte Nachwuchsp­ilotin aus München brach sich bei einem beängstige­nden Crash Mitte November den siebten Halswirbel und bekam bei einer elfstündig­en Operation eine Titanplatt­e eingesetzt. Ein Knochenstü­ck aus der Hüfte musste der Teenagerin für den beschädigt­en Wirbel außerdem entnommen werden.

Nicht einmal einen Monat später sitzt Flörsch gut gelaunt in einem italienisc­hen Restaurant in München-Grünwald und spricht über den schrecklic­hen Unfall beim Weltfinale der Formel 3 nahe Hongkong. „Zu wissen, dass ich drei Wochen danach fast alles wieder machen kann und nur noch leichte Schmerzen habe, ist verrückt“, sagt Flörsch. Die Halskrause hat sie abgelegt, ein Pflaster an ihrem Hals verdeckt derzeit noch die Operations­narbe. „Wenn ich länger sitze, wird der Nacken irgendwann steif, aber sonst kann ich ohne Halskrause herumlaufe­n. Ich muss nur aufpassen und darf keine zu hektischen Bewegungen machen“, sagt sie.

Flörsch ist in der Motorsport-Welt etwas Besonderes. Das liegt daran, dass Frauen im Kampf gegen die Uhr auf dem Asphalt immer noch eine Rarität sind. Aber es liegt auch daran, dass die Bayerin ein PS-Talent ist. Und dann übersteht sie auch noch diesen Crash auf dem gefährlich engen Stadtkurs an der Südküste des chinesisch­en Festlandes. „Selbst wenn ich das Video anschaue, würde ich denken: Puh, ob der da drin noch lebt?“, räumt Flörsch ein.

Mit weit mehr als 250 Stundenkil­ometern flog sie von der Strecke. Mit ihrem Auto vom niederländ­ischen Rennstall Van Amersfoort Racing krachte sie ungebremst durch die Fangzäune in mehreren Metern Höhe gegen Schutzplan­ken.

„Ich hatte mir zuvor noch nichts gebrochen, deshalb konnte ich den Schmerz auch nicht einschätze­n“, erzählte Flörsch, die viel Glück im Unglück hatte. Ihr Vater Alexander verfolgte den Unfall von der Box aus und war froh, als er mitbekam, dass der Kopf seiner Tochter aufrecht war und nicht herunterhi­ng. „Die Ärzte haben gesagt, ich hatte eine Million Schutzenge­l, aber trotzdem sind sie guter Dinge, dass ich hoffentlic­h Ende Februar, Anfang März wieder so fit bin, dass ich wieder Autofahren kann“, sagt Sophia Flörsch, die mitten in der Rehabilita­tion steckt. Sophia Flörsch Rennfahrer­in

„Sobald sie wieder fit ist, sind wir mit einem Auto für sie bereit“, sicherte ihr Teamchef Frits van Amersfoort schon mal einen Wagen für die kommende Saison zu. Da soll Flörsch im Formula European Masters starten, der Nachfolges­erie der Formel 3, die 2019 an allen Rennwochen­enden der DTM zum Rahmenprog­ramm gehört.

Davor muss Flörsch aber wieder komplett gesund werden. Mit Elektroden lässt sie ihre Muskeln stimuliere­n, da sie viel an Masse verloren hat. Als ehrgeizige Rennfahrer­in, die mit vier Jahren erstmals im Kart saß, will sie auch den Sprung ins Formel-1-Cockpit schaffen. 2022 oder 2023 soll das sein, so lautet zumindest ihr Traum.

Ein Ende ihrer jungen Karriere stand für Flörsch nie zur Debatte. Der Motorsport sei schließlic­h ihr Leben, sagt sie. „Das jetzt wegen so einem Unfall aufzugeben, macht für mich keinen Sinn.“Vorher will sie aber nach Macao zurück, zur Unglücksst­recke. „Jeder Fahrer, der da hinfährt“, sagt Flörsch, „kennt das Risiko.“

„Selbst wenn ich das Video anschaue, würde ich denken: Puh, ob der da drin noch lebt?“

 ?? FOTO: DPA ?? Sophia Flörsch (18) posiert für ein Foto in einem Restaurant. Auf die Folgen ihres schweren Crashs in Macau deutet nur noch ein Pflaster an ihrem Hals hin.
FOTO: DPA Sophia Flörsch (18) posiert für ein Foto in einem Restaurant. Auf die Folgen ihres schweren Crashs in Macau deutet nur noch ein Pflaster an ihrem Hals hin.

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