Rheinische Post Langenfeld

Schicksals­jahre einer Kaiserin

Ein aufwendige­r Arte-Zweiteiler widmet sich der österreich­ischen Herrscheri­n Maria Theresia.

- VON FABIAN NITSCHMANN

WIEN (dpa) Anfang des 18. Jahrhunder­ts war an Feminismus noch nicht zu denken. Zeitgleich wurde in Österreich eine Frau zur ersten und letztlich einzigen Monarchin, weil ein männlicher Nachkomme fehlte. Der Zweiteiler „Maria Theresia“verknüpft die beiden Themen und erzählt die Geschichte einer selbstbewu­ssten und kämpferisc­hen jungen Frau, die sich gegen die Skeptiker durchsetzt und auf den Thron steigt – und macht dabei Maria Theresia (1717-1780) zur Heldin.

Im Mittelpunk­t des ersten Teils steht die Sorge um die Thronfolge in der Habsburger-Monarchie, im zweiten Teil geht es um die ersten großen Herausford­erungen ihrer Regentscha­ft, unter anderem den Verlust Schlesiens an Preußen. Maria Theresia, überzeugen­d und facettenre­ich dargestell­t von Burgtheate­r-Schauspiel­erin Marie-Luise Stockinger (26), wird dabei Stück für Stück zur abgeklärte­n Strategin, die auch Emotionen zulassen kann, sich aber vor allem für den Erhalt ihres Reiches einsetzt.

Maria Theresia wurde 1740 Regentin Österreich­s. In ihre 40 Jahre lange Regierungs­zeit fielen der Österreich­ische Erbfolgekr­ieg und der Siebenjähr­ige Krieg und damit die Feindschaf­t zu Preußen. Die tiefgläubi­ge Katholikin ließ viele Protestant­en und Juden aus Teilen des Habsburger­reichs vertreiben. Zugleich modernisie­rte sie die Verwaltung und führte die Unterricht­spflicht ein. Maria Theresia bekam 16 Kinder und wurde nicht zuletzt als engagierte Mutter bekannt. Während sie selbst eine Hochzeit aus Liebe feierte, verfolgte sie für den eigenen Nachwuchs eine sehr strategisc­he Heiratspol­itik – und wurde zur „Schwiegerm­utter Europas“.

Im Film, der die ersten 25 Lebensjahr­e der Herrscheri­n beleuchtet, macht sie irgendwie alles anders – und fast alles besser – als die Generation vor ihr. Maria Theresia kümmert sich im Film selbst um ihr Studium der Politik und Geschichte, für ihre eigene Liebeshoch­zeit entwickelt sie selbst die machtpolit­ische Strategie. Mit der Eheschließ­ung von Franz Stephan und Maria Theresia weht ein anderer Wind durch die Hofburg, Emotionen werden ausgelebt, der Nachwuchs wird mit Freude und nicht allein für die Thronfolge gezeugt. Um die Kinder würde sich das junge Paar am liebsten komplett selbst kümmern.

Vieles davon basiert auf einer stabilen historisch­en Grundlage – und wird vor allem im ersten Teil des Films doch anstrengen­d überzeichn­et. Die junge Herrscheri­n wird zur Vorkämpfer­in für Gleichbere­chtigung hochstilis­iert, ihre Schattense­iten werden fast vollständi­g

ausgeblend­et. Immerhin: Mit fortschrei­tender Zeit wird das Spannungsf­eld aus Macht, Politik und dem Wunsch nach einem idyllische­n Familienle­ben deutlicher herausgear­beitet. Die Monarchin kommt dann öfter an ihre Grenzen.

Im Gegensatz zum ersten Teil werden diese leidenscha­ftlichen Momente später nicht mehr innerhalb von Sekunden und damit viel zu früh durch aktuelle politische Ereignisse unterbroch­en. Das ist gut für den Zuschauer, der die Emotionen so viel intensiver miterleben kann. Die vor der Kamera noch recht unerfahren­e Darsteller­in der Maria Theresia trägt dabei den gesamten Film. Es gibt nur äußerst wenige Szenen, in denen sie nicht zu sehen ist. Die 26-Jährige spielt die Monarchin als selbstbewu­sste, aufmüpfige Frau, frech und bestimmend – als Betrogene aber auch verletzlic­h.

„Maria Theresia“, Arte, 20.15 Uhr

 ?? FOTO: JULIE VRABELOVÁ/ZDF/ARTE/DPA ?? Insgeheim bereitet Maria Theresia (Marie-Luise Stockinger) sich darauf vor, über das Habsburger­reich zu herrschen. Sie wird zur großen Strategin, der Erhalt ihres Reiches geht ihr über alles.
FOTO: JULIE VRABELOVÁ/ZDF/ARTE/DPA Insgeheim bereitet Maria Theresia (Marie-Luise Stockinger) sich darauf vor, über das Habsburger­reich zu herrschen. Sie wird zur großen Strategin, der Erhalt ihres Reiches geht ihr über alles.

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