KULTURTIPPS
RP-Lesertour führt diesmal nach Frankfurt
Freier Jazz von drei Helden des Genres
Erinnerungen der Autorin Vicki Baum
(RP) So kulturell startet das neue Jahr: Erleben Sie zwei herausragende Künstler des vergangenen Jahrhunderts in zwei Ausstellungen im Städel Museum in Frankfurt. Die Retrospektive zu Victor Vasarely erschließt anhand von 100 Werken sein sechs Jahrzehnte umfassendes Werk. Und Lotte Lasersteins OEuvre gehört zu den großen Wiederentdeckungen der vergangenen Jahre und zeichnet sich durch ungemein eindringlich gestaltete Porträts aus. Und das ist die Tour: Mit dem Bus geht es nach Frankfurt inklusive zweier Führungen, die jeweils etwa 60 Minuten dauern werden.
Die Tour findet statt am 8. Januar von 8.30 Uhr bis 20 Uhr. Treffpunkt: Düsseldorf, Heinrich Heine Allee 16a. Regulärer Preis: 69,80 Euro, Preis für Abonnenten: 62,80 Euro. Die Tickets können bestellt werden unter Tel. 0211 27400410 oder westticket.de/rp-lesertour Drei Altmeister des „Free“gemeinsam auf einer Platte: der Schlagzeuger Andrew Cyrille (78), der Gitarrist Bill Frisell (67) und der Trompeter Leo „Wadada“Smith (77). Sie spielen tatsächlich freien Jazz, sehr fein indes, sensibel. Sie schwärmen aus, jeder sucht für sich, und wenn sie Melodien gefunden haben, treffen sie einander wieder und führen ihre Trophäen vor.
„Lebroba“heißt die Produktion, die bei ECM erscheint; der Titel variiert die Anfangsbuchstaben der Geburtsstädte der Musiker: Leland, Brooklyn, Baltimore. Frisell und Smith spielen hier das erste Mal zusammen, das hört man aber nicht, weil sie so familiär miteinander wirken. Alle drei Künstler steuern eigene Kompositionen bei, ein Höhepunkt ist das über 17 Minuten lang schwebende Stück „Turiya“, mit dem sich Smith vor Alice Coltrane verbeugt. Es ist eine Reise, und wer nun meint, das sei aber ein arg abgenutztes Bild für eine Jazz-Komposition, möge sie sich anhören: ein Trip in die Leichtigkeit, spirituell und schwerelos. „TGD“haben sie gemeinsam improvisiert, alle drei sind als Autoren Buch Sie war eine der erfolgreichsten Schriftstellerinnen der Weimarer Republik, weil sie eine unbestechliche Beobachterin war und zugleich eine weise Humoristin mit entlarvendem Witz. All diesen Fähigkeiten begegnet man auch in den Lebenserinnerungen der Vicki Baum, die unter dem Titel „Es war alles ganz anders“bei KiWi neu erschienen sind. Geboren wurde Baum 1888 in eine jüdische Familie in Wien, sie heiratete einen Dirigenten, veröffentlichte 1919 ihr erstes Werk und wurde 1926 Zeitschriftenredakteurin bei Ullstein in Berlin. Ihr bekanntester Roman „Menschen im Hotel“wurde in Hollywood verfilmt und weil sie als Jüdin in Deutschland in Gefahr war, emigrierte sie 1932 in die USA. Ein Jahr später wurden bei der Bücherverbrennung auch ihre Werke vernichtet. Von ihrem Leben in Europa und den USA erzählt Baum in ihren Erinnerungen ohne Sentimentalität, ohne Bitterkeit, mit Scharfsinn und Ironie – eine wahre Realistin mit hinreißendem Stil. Dorothee Krings vermerkt, manchmal wird das Spiel um elektronische Manipulationen angereichert. Ein bisschen Blues hört man durch, Anklänge an westafrikanische Sounds, und alles gelingt zwanglos, heiter irgendwie; das ist überhaupt die Grundstimmung dieser tollen Platte.
Andrew Cyrille ist zwar der Leader, aber er lässt die Zügel locker, er braucht sie im Grunde nie, denn Diffusion ist hier Stilprinzip. Das wird sehr schön deutlich im letzten Stück, einer Komposition Cyrilles mit dem sprechenden Titel „Pretty Beauty“. Cyrille streicht mit dem Besen über die Felle, und was Frisell da spielt, erinnert ganz vage und gleichsam bloß als Lufthauch an John Lennons „Imagine“. Wenige Referenzen wären treffender: „Imagine all the people / Living life in peace“.
Philipp Holstein