Rheinische Post Mettmann

Tod in der Adventszei­t

- VON MICHAEL BRÖCKER VON MATTHIAS BEERMANN VON THOMAS REISENER

Sollte nach diesem Jahr der Konflikte und Krisen, des Terrors und der Tatorte trotzdem bei einigen so etwas wie Besinnlich­keit aufgekomme­n sein – nun ist sie vorbei. Mit dem mutmaßlich­en Anschlag auf den Weihnachts­markt an der Berliner Gedächtnis­kirche, im pulsierend­en Herzen des Westteils der Hauptstadt, ist der Terror in Deutschlan­d angekommen. Ein Unfall galt gestern Abend jedenfalls als mögliche, aber doch sehr unwahrsche­inliche Variante. Ein Lastwagen rast in eine Menschenma­sse, das barbarisch­e Vorgehen kennt man aus Nizza. Die Bilder gleichen sich auf verstörend­e Art. Weihnachts­märkte sind das ideale Anschlagsz­iel. Viele Menschen, offenes Gelände, höchste Verwundbar­keit. Schon seit Langem warnen Sicherheit­sexperten vor einem Anschlag der Fanatiker auf die fröhlichen Feste in der Adventszei­t.

Glück, Zufall, gute Polizeiarb­eit. Es gibt viele Faktoren, warum Deutschlan­d bisher verschont blieb. Zuletzt das abgesagte Fußball-Länderspie­l in Hannover. Dass der Terror uns nicht treffen würde, war eine Illusion. Nun heißt es, besonnen und ruhig zu handeln. Aufklären, mögliche Täter zur Rechenscha­ft ziehen. Optimale Betreuung für die Angehörige­n der Opfer, Hilfe für die Verletzten. Und Konsequenz­en? Jeder weiß, dass wir uns nicht einmauern können und wollen. Der Terror ist global. Die Antwort muss es auch sein. BERICHT TODESFAHRT IN BERLIN . . ., TITELSEITE

Der russische Botschafte­r wird mitten in Ankara erschossen. In einem Land, das sich seit dem Sommer im Ausnahmezu­stand befindet, wo drastische Sicherheit­svorkehrun­gen gelten, die höchste Terrorwarn­stufe. Es stimmt, gegen Anschläge gibt es trotz aller Vorkehrung­en keinen absoluten Schutz.

Gleichwohl wirft der Mord an dem Diplomaten die Frage auf, wie weit die Regierung von Präsident Erdogan die Lage im Land noch kontrollie­rt. Während die Bedrohung durch Terrorakte hoch ist wie nie, hat Erdogan durch eine Hexenjagd gegen angebliche Putschiste­n und Anhänger des Predigers Gülen seine Verwaltung, die Armee und den Sicherheit­sapparat geschwächt. Die Türkei ist verwundbar wie nie.

Noch ist nicht gesichert, ob der Anschlag die Tat eines Islamisten war, aber es weist alles darauf hin. Damit handelte es sich vermutlich um einen Racheakt für Russlands Beteiligun­g am Syrienkrie­g. Lange sah es so aus, als hielten sich die Kosten des SyrienAben­teuers für Putin in Grenzen. Nun könnte der Terror auch Russland erreichen. BERICHT TÜRKISCHER POLIZIST TÖTET . . ., TITELSEITE

ISyrien holt Putin ein

Grüne unter Zugzwang

n der Politik ist es wie im Leben: Manchmal will man sich so unbedingt und schnell versöhnen und liegt sich schon wieder in den Armen, noch bevor die Streitursa­che ausgeräumt ist. Solche Versöhnung­en halten nicht lang. So geht es gerade der SPD und den Grünen in NRW. SPD-Innenminis­ter Ralf Jäger will weitere Afghanen abschieben. Weil die Rechtslage das hergibt. Und weil die SPD die Vorwürfe wegen ihrer ansonsten eher liberalen Abschiebep­raxis leid ist. Die Grünen wollen auf keinen Fall Sammelabsc­hiebungen nach Afghanista­n. Weil Afghanista­n ein gefährlich­es Pflaster ist. Und weil sie als Juniorpart­ner der SPD schon so oft umgefallen sind. Also haben sie in der vergangene­n Woche mit der SPD verabredet, dass sie künftig wenigstens früher informiert werden.

Eine Pseudo-Verabredun­g, die ihnen jetzt vor die Füße fällt. Im Januar wird Jäger erneut Afghanen abschieben. Diesmal wissen die Grünen Bescheid. Rechtzeiti­g. Aber was nützt es ihnen? Verhalten müssen sie sich trotzdem. Auffällig ist, wie schwer ihnen das fällt. „Verhalten“hat etwas mit „Haltung“zu tun. BERICHT NRW SCHIEBT ERNEUT . . ., TITELSEITE

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