Tod in der Adventszeit
Sollte nach diesem Jahr der Konflikte und Krisen, des Terrors und der Tatorte trotzdem bei einigen so etwas wie Besinnlichkeit aufgekommen sein – nun ist sie vorbei. Mit dem mutmaßlichen Anschlag auf den Weihnachtsmarkt an der Berliner Gedächtniskirche, im pulsierenden Herzen des Westteils der Hauptstadt, ist der Terror in Deutschland angekommen. Ein Unfall galt gestern Abend jedenfalls als mögliche, aber doch sehr unwahrscheinliche Variante. Ein Lastwagen rast in eine Menschenmasse, das barbarische Vorgehen kennt man aus Nizza. Die Bilder gleichen sich auf verstörende Art. Weihnachtsmärkte sind das ideale Anschlagsziel. Viele Menschen, offenes Gelände, höchste Verwundbarkeit. Schon seit Langem warnen Sicherheitsexperten vor einem Anschlag der Fanatiker auf die fröhlichen Feste in der Adventszeit.
Glück, Zufall, gute Polizeiarbeit. Es gibt viele Faktoren, warum Deutschland bisher verschont blieb. Zuletzt das abgesagte Fußball-Länderspiel in Hannover. Dass der Terror uns nicht treffen würde, war eine Illusion. Nun heißt es, besonnen und ruhig zu handeln. Aufklären, mögliche Täter zur Rechenschaft ziehen. Optimale Betreuung für die Angehörigen der Opfer, Hilfe für die Verletzten. Und Konsequenzen? Jeder weiß, dass wir uns nicht einmauern können und wollen. Der Terror ist global. Die Antwort muss es auch sein. BERICHT TODESFAHRT IN BERLIN . . ., TITELSEITE
Der russische Botschafter wird mitten in Ankara erschossen. In einem Land, das sich seit dem Sommer im Ausnahmezustand befindet, wo drastische Sicherheitsvorkehrungen gelten, die höchste Terrorwarnstufe. Es stimmt, gegen Anschläge gibt es trotz aller Vorkehrungen keinen absoluten Schutz.
Gleichwohl wirft der Mord an dem Diplomaten die Frage auf, wie weit die Regierung von Präsident Erdogan die Lage im Land noch kontrolliert. Während die Bedrohung durch Terrorakte hoch ist wie nie, hat Erdogan durch eine Hexenjagd gegen angebliche Putschisten und Anhänger des Predigers Gülen seine Verwaltung, die Armee und den Sicherheitsapparat geschwächt. Die Türkei ist verwundbar wie nie.
Noch ist nicht gesichert, ob der Anschlag die Tat eines Islamisten war, aber es weist alles darauf hin. Damit handelte es sich vermutlich um einen Racheakt für Russlands Beteiligung am Syrienkrieg. Lange sah es so aus, als hielten sich die Kosten des SyrienAbenteuers für Putin in Grenzen. Nun könnte der Terror auch Russland erreichen. BERICHT TÜRKISCHER POLIZIST TÖTET . . ., TITELSEITE
ISyrien holt Putin ein
Grüne unter Zugzwang
n der Politik ist es wie im Leben: Manchmal will man sich so unbedingt und schnell versöhnen und liegt sich schon wieder in den Armen, noch bevor die Streitursache ausgeräumt ist. Solche Versöhnungen halten nicht lang. So geht es gerade der SPD und den Grünen in NRW. SPD-Innenminister Ralf Jäger will weitere Afghanen abschieben. Weil die Rechtslage das hergibt. Und weil die SPD die Vorwürfe wegen ihrer ansonsten eher liberalen Abschiebepraxis leid ist. Die Grünen wollen auf keinen Fall Sammelabschiebungen nach Afghanistan. Weil Afghanistan ein gefährliches Pflaster ist. Und weil sie als Juniorpartner der SPD schon so oft umgefallen sind. Also haben sie in der vergangenen Woche mit der SPD verabredet, dass sie künftig wenigstens früher informiert werden.
Eine Pseudo-Verabredung, die ihnen jetzt vor die Füße fällt. Im Januar wird Jäger erneut Afghanen abschieben. Diesmal wissen die Grünen Bescheid. Rechtzeitig. Aber was nützt es ihnen? Verhalten müssen sie sich trotzdem. Auffällig ist, wie schwer ihnen das fällt. „Verhalten“hat etwas mit „Haltung“zu tun. BERICHT NRW SCHIEBT ERNEUT . . ., TITELSEITE