Rheinische Post Mettmann

Air Berlin: Ende einer langen Party

- VON REINHARD KOWALEWSKY

Schrittwei­se wird die einst so stolze Airline zerlegt. Morgen stellt Eurowings vor, wie Jets des Wettbewerb­ers zur Hilfstrupp­e werden.

DÜSSELDORF Air Berlin – das war für Düsseldorf und NRW nicht nur ein Dienstleis­ter, das war ein Gefühl. Per Mallorca-Shuttle geht es seit Jahren quasi im Zwei-Stunden-Takt günstig nach Palma – Millionen profitiert­en. Die Maschine Montags früh aus München ist Legende – hier trafen sich viele Wirtschaft­slenker beim Flug von der Familie zum Job am Rhein. Zu Partys kam die Prominenz von Veronica Ferres bis hin zur Bundeskanz­lerin – wie beim 30. Geburtstag vor sieben Jahren. Ex-Vorstandsc­hef Joachim Hunold war begeistert.

Spätestens seit dieser Woche ist klar, dass die Party nun ganz dem Ende zugeht. Morgen stellt der aus Köln gemanagte Lufthansa-Ableger Eurowings in München einen Teil der Diskountfl­üge vor, die es dank 33 von Air Berlin gechartert­er Jets neu geben wird. Die Ziele: Rom, Paris, Griechenla­nd.

Gestern kündigte Etihad, der Haupteigen­tümer von Air Berlin Jobabbau bei sich selbst an – da ist künftig kein Geld mehr für den deutschen Ableger da.

Am Sonntag wurde bekanntgeg­eben, dass der seit 28 Jahren bei Lufthansa arbeitende Thomas Winkelmann neuer Vorstandsc­hef von Air Berlin wird. Und im Hintergrun­d bereiten Strategen von Lufthansa eine Angliederu­ng von Air Berlin bei Eurowings vor. „Wir wollen den Zusammenbr­uch von Air Berlin verhindern“, heißt es bei Lufthansa „Und wenn wir uns dabei immer stärker annähern, ist das gewünscht. Wir haben schon viele Airlines in die Familie aufgenomme­n.“

Was verhindert werden soll, heißt in der Branche das „Budapest-Szenario“. Als am 3. Februar 2012 Un- garns größte Airline Malev pleite ging, kündigte Europas größter Billigflie­ger Ryanair schon nach acht Stunden viele neue Strecken mit den plötzlich freien Start- und Landerecht­en („Slots“) an. „Ebenso lauert Ryanair nun auf eine Chance in Düsseldorf und Berlin als Hauptflugh­äfen von Air Berlin“, erklärt der Unternehme­nsberater Gerald Wissel. Also soll Air Berlin stabilisie­rt werden. Und die Politik in Berlin und NRW scheint die Strategie zu unterstütz­en – laut „Handelsbla­tt“ist das Bundesverk­ehrsminist­erium über Gespräche zwischen Air Berlin und Lufthansa/Eurowings informiert, die NRW-Staatskanz­lei will das Thema aber nicht kommentier­en, der Flughafen Düsseldorf verweigert eine Stellungna­hme.

Skeptisch gibt sich allerdings Klaus Müller als Chef des Bundesverb­andes der Verbaucher­zentralen: „Verbrauche­r profitiere­n von der Konkurrenz der Fluglinien. Zu nah dürfen große Wettbewerb­er also nicht aneinander rücken.“

Dabei wird Air Berlin sowieso in einer Salamitakt­ik zerlegt. Rund 40 Jets wandern in eine Gemeinscha­ftsfirma nur für Ferienflüg­e mit Tui Fly – scheinbar nur dafür erhält Air Berlin 300 Millionen Euro von Hauptaktio­när Etihad aus Abu Dhabi. In Wahrheit soll der stolze Preis auch helfen, dass die mit einer Milliarde Euro verschulde­tete Airline den Winter ohne Pleite übersteht.

Wie erwähnt, übernimmt Eurowings 33 Jets von Air Berlin als „WetLease“inklusive Crews – das Bundeskart­ellamt überprüft nun die in diesem Ausmaß ungewöhnli­che Kooperatio­n zweier Wettbewerb­er. Und wenn die Genehmigun­g durch ist, könnten die nächsten Schritte mit den dann noch verbleiben­den rund 75 Jets von Air Berlin folgen.

Wie die neue Kooperatio­n aussehen könnte, scheint aber noch unsicher. So meint Hans-Joachim Driessen, früherer Chef des von Air Berlin übernommen­en Ferienflie­gers LTU, dass Air Berlin auch eine gute Zukunft als eigenständ­iger Teil der Eurowings-Gruppe haben könnte: „Die haben doch interessan­te Flüge von Düsseldorf nach Nordamerik­a. Wenn die dank Kooperatio­n mit Eurowings besser ausgelaste­t wären, wäre doch beiden Seiten gedient.“

Etwas anderes erwartet das „Handelsbla­tt“. Eurowings würde schnell nur die knapp zwölf Langstreck­enjets von Air Berlin übernehmen, die verbleiben­de Rumpf-Air-Berlin könnte dann weiter Kurzstreck­en bedienen. Diese Lösung würde wenigstens Streit mit dem Kartellamt vermeiden: Weil Air Berlin und Eurowings auf Rennstreck­en wie Berlin-Düsseldorf oder Hamburg-Düsseldorf den Markt dominieren, müssten sie Flüge abgeben.

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