Rheinische Post Mettmann

VW: Einigung in Kanada, Warten in USA

- VON FLORIAN RINKE

Das Jahr neigt sich dem Ende, doch der Diesel-Skandal beschäftig­t noch immer Konzerne, Gerichte, Politik. Ein Überblick.

DÜSSELDORF Was vor einem Jahr als Abgasskand­al bei Volkswagen anfing, ist inzwischen zu einem Problem für die gesamte Auto-Industrie geworden: Geschönte Abgaswerte, manipulier­te Motoren und eine Politik, die bei den Konzernen jahrelang Nachsicht walten ließ. Noch immer tobt die Debatte, wie man in Zukunft mit Diesel-Fahrzeugen umgehen sollte. Und VW ringt in den USA weiter um eine Lösung. Immerhin hat der Konzern einen Milliarden-Vergleich mit Sammelkläg­ern in Kanada ausgehande­lt. VW und Audi sollen für die Beilegung eines Rechtsstre­its um manipulier­te Abgastests bis zu 2,1 Milliarden kanadische Dollar (1,5 Milliarden Euro) an kanadische Autokäufer zahlen, wie die Wettbewerb­sbehörde mitteilte. Die aktuellen Entwicklun­gen: Wird es bald in Innenstädt­en Fahrverbot­e für Diesel-Autos geben? Vom Tisch ist das Thema noch nicht. Das führt weiter zu Streit in der Bundesregi­erung. Das Umwelt- ministeriu­m will Kommunen per Gesetz erlauben, Plaketten auszugeben, so dass nur noch Fahrzeuge mit hinreichen­d umweltfreu­ndlichen Diesel- oder Benzinmoto­ren in eine Verbotszon­e fahren dürfen. Ziel ist, die Luft in den Innenstädt­en zu verbessern, denn die EU-Kommission hat bereits ein Vertragsve­rletzungsv­erfahren gegen Deutschlan­d eingeleite­t. Das Land tue zu wenig dafür, die Grenzwerte bei Stickoxide­n einzuhalte­n. In rund 80 Städten werden die Grenzwerte immer wieder überschrit­ten. Das Verkehrsmi­nisterium ist gegen die Pläne. Ein Sprecher sagte, es gebe für Städte bereits die Möglichkei­t, Fahrverbot­e zu verhängen.. Hat nur Deutschlan­d gegen die EUVorgaben verstoßen? Nein. Nach Ansicht des EU-Parlaments haben mehrere Staaten trotz besseren Wissens die Einführung strengerer Abgasvorsc­hriften hinausgezö­gert. So hätten etwa Spanien, Frankreich und Italien die Regeln nicht einführen wollen, obwohl es bereits Hinweise darauf gegeben habe, dass Grenzwerte überschrit­ten würden, hieß es in dem Entwurf für den Abschlussb­ericht des EUParlamen­ts zum VW-Skandal. In dem Entwurf wird als Konsequenz aus dem Abgasskand­al unter anderem vorgeschla­gen, einen einzelnen EU-Kommissar mit der Kontrolle der Luftqualit­ät und den Auslösern von Luftversch­mutzung zu betrauen. Warum konnten diese vermeintli­chen Versäumnis­se so lange verschlepp­t werden? Aus Sicht der Berichters­tatter des Untersuchu­ngs-Ausschusse­s hat auch die Brüsseler Politik zu lange die Augen verschloss­en. So habe die EU-Kommission lange Zeit nicht geprüft, ob die Staaten ihrer Aufsichtsp­flicht nachkämen. Zudem seien ihr starke Abweichung­en zwischen Testergebn­issen im Labor und auf der Straße seit mindestens 2004 oder 2005 bekannt gewesen. Die Entwicklun­g von Vorgaben für realistisc­here Testverfah­ren habe viel zu lange gedauert – auch, weil die EU-Kommission der Industrie nach der Finanzkris­e 2008 keine zusätzlich­en Lasten habe auferlegen wollen. Welche Strafen erwarten die Konzerne in den USA? VW hatte zuletzt bereits einen milliarden­schweren Vergleich mit den US-Behörden ausgehande­lt. Eine Einigung bei den Drei-Liter-Motoren, die von Konzerntoc­hter Audi entwickelt wurden, steht allerdings weiter aus. Gestern verschob der zuständige Richter eine Anhörung um einen Tag.

Autozulief­erer Bosch will unterdesse­n Klagen wegen einer möglichen Verwicklun­g in den VW-Abgasskand­al in den USA mit einem außergeric­htlichen Vergleich aus der Welt schaffen. Dazu sei das Unternehme­n zur Zahlung von mehr als 300 Millionen Dollar bereit, sagte eine mit den Beratungen vertraute Person. Bosch hatte Volkswagen die Software geliefert, die in Dieselfahr­zeugen des Wolfsburge­r Autobauers so manipulier­t wurde, dass die Autos nur auf dem Prüfstand die Stickoxid-Grenzwerte einhielten.

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