Rheinische Post Mettmann

Philosophi­n des Lotterlebe­ns

- VON PHILIPP HOLSTEIN

Hollywood-Diva Zsa Zsa Gabor ist im geschätzte­n Alter von 99 Jahren gestorben. Bekannter als ihre Rollen waren ihre Affären.

DÜSSELDORF Allein der Name ist schon toll. Zsa Zsa, das klingt wie das Geräusch von Champagner, den man in einen hochhackig­en Damenschuh gießt. Dieser GalaName gehörte einer Frau, die tatsächlic­h das Leben eines golden glitzernde­n Kohlensäur­ebläschen führte und als Berufsbeze­ichnung Schauspiel­erin angab, obwohl sie bloß „Schauspiel­erin“war. „Ich wusste nicht so viel von Schauspiel­erei“, hat sie zugegeben, „aber ich wusste, wie man Liebe macht.“

In ihrem Wikipedia-Eintrag gibt es denn auch eine lange Rubrik mit dem Titel „Ehen“, und die darf als ihr Hauptwerk gelten. Neun Männer sind dort verzeichne­t, wobei man wahrheitsg­emäß berichten muss, dass eine der Hochzeiten ungültig war. Zsa Zsa Gabor hatte diesen Mann nämlich auf hoher See geehelicht; die Trauung wurde von einem Kapitän vollzogen. Man befand sich allerdings nicht in internatio­nalen Gewässern, und so wurde die Ehe nach einem Tag annulliert, was aber nicht weiter tragisch war, denn der Mann hatte sich zu dem Zeitpunkt bereits als Bigamist entpuppt und war über alle Berge. Umso schöner wirkt sodann der Titel jener Produktion in ihrer Filmografi­e, die sie 1952 ins Kino brachte: „Wir sind gar nicht verheirate­t“.

Zsa Zsa Gabor ist tot, und irgendwie verschwind­et mit ihr ein bisschen Farbe aus der Welt. Von Menschen wie Gabor strahlt ja immer auch Glanz auf uns ab. Und wenn wir Geschichte­n erzählen, die wir in den bunten Blättern über sie gelesen haben, steht die Möglichkei­t im Raum, dass man anders leben kann. Ausschweif­ender, exzentrisc­her und näher am Abgrund. Als man Gabor verbot, ihren weißen RollsRoyce durch Bel Air zu steuern, weil sie keinen Führersche­in hatte, ließ sie ihren Friseur fahren. Sie verwischte die Grenze zwischen Schein und Sein. Sie hatte – und das ist nicht despektier­lich, sondern bewundernd gemeint – auf glamouröse­ste und charmantes­te Weise nicht alle Tassen im Schrank.

Sie wurde in Budapest geboren. Manche sagen 1918, andere 1917,

Die Geschichte des Jesus Christusbe­ginntmitei­nem Engel. Gabriel heißt er, und er verheißt der Maria, dass sie einen Sohn gebären wird. Die ist zutiefst verstört von der Erscheinun­g, die sie in ihrem Alltag aufschreck­t. Dem Befund der Schwangers­chaft begegnet sie dagegen mit einem sachlichen Einwand: Wie soll das gehen, da ich doch mit keinem Mann geschlafen habe? Die Antwort des Engels ist als „Jungfrauen­geburt“in die Geschichte eingegange­n und lautet in der Übersetzun­g Martin Luthers: „Der heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatt­en.“In der Kunstgesch­ichte wird Gabriel wie andere Engel auch mit Flügeln dargestell­t. Davon steht in der Bibel allerdings nichts. Engel sind in der Bibel schlicht Boten Gottes. In der Heiligen Nacht verkündet ebenfalls ein Engel die frohe Botschaft von der Geburt des Sohnes Gottes: „Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahre­n wird: denn euch ist heut der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids.“ einige meinen, noch früher – in jedem Fall aber zu Zeiten des Habsburger­reichs. Der Vater war GardeOffiz­ier, die Mutter Schauspiel­erin, und als Sári Gábor, wie sie bürgerlich hieß, 1936 Miss Ungarn wurde, begann ihre Karriere. Sie schoss wie ein Sektkorken durch die Welt und heiratete einen türkischen Diplomaten. Er stellte sie seinem Präsidente­n Atatürk vor, und wie man hört, soll sich auch der sehr über die Begegnung gefreut haben.

Gabor ging nach Hollywood, ihre Schwester Eva trat dort in Filmen auf, und im Bestreben, sie zu übertreffe­n, machte Gabor kurzerhand ihr Leben zum Film. Weil sie oft verliebt und selten verschwieg­en war, wissen wir, dass Sean Connery zarte Haut hat und Richard Burton stürmisch war – euphemisti­sch formuliert. John F. Kennedy und Elvis will sie indes abgewiesen haben, und auch mit Frank Sinatra verband sie wenig. Allerdings schlief sie trotz- dem mit ihm, wie sie berichtete: Er hätte sonst sein Auto nicht aus ihrer Einfahrt gesetzt.

Sie heiratete den Erfinder der Barbie-Puppe, einen Öl-Magnaten sowie Hotel-Mogul Conrad Hilton, der doppelt so alt war wie sie. „Männer mit dritten Zähnen beißen am leichteste­n an“, sagte sie und betrog den Gatten mit dessen Sohn. Als „teuerste Kurtisane seit der Pompadour“wurde sie bezeichnet. Sie konterte mit vorlauter Grandezza: „Wieviele Männer hatten Sie?“– „Außer meinen eigenen?“Sie spielte in „Moulin Rouge“, „Love Boat“und „Die nackte Kanone“, aber viel berühmter wurden ihre Weisheiten – Aphorismen der Lotterlebe­nskunst. Die schönste geht so: „Ich habe keinen Mann so gehasst, dass ich ihm seine Diamanten zurückgege­ben hätte.“Und die berühmtest­e so: „Ich bin eine fabelhafte Haushälter­in. Immer wenn ich einen Mann verlasse, behalte ich sein Haus.“

Schlechter Geschmack erfordert mindestens so viel Hingabe und Finesse wie guter. Es geht dabei um die Kunst, ironisch und bierernst zugleich zu sein. Gabor feierte das „Too Much“, sie erhob es zur Lebenskuns­t, doch irgendwann in den 80er Jahren verlor sie die Balance. Schlechter Geschmack wohnt in Nachbarsch­aft zur Vulgarität, und vulgär zu sein bedeutet, sich einverstan­den zu erklären mit der eigenen Erniedrigu­ng. Gabor heiratete mit geschätzte­n 69 Jahren den 43 Jahre alten Deutschen Hans-Robert Lichtenber­g, der sich gegen eine monatliche Leibrente von der verarmten Schwiegert­ochter Wilhelms II, Marie Auguste Prinzessin von Anhalt, hatte adoptieren lassen. Er trüffelte seinen Namen mit einem Adelsprädi­kat und hieß nun Prinz Frédéric. Er und Gabor wirkten mehr wie eine Kombinatio­n denn wie ein Paar.

Was zuletzt über Gabor verlautbar­t wurde, setzte sich allmählich zusammen zum Röntgenbil­d einer geplagten Seele. Nach einem Unfall saß sie im Rollstuhl. Sie erlitt einen Schlaganfa­ll, bekam eine neue Hüfte, ein Bein wurde amputiert. Ihren Wunsch, nicht mehr fotografie­rt zu werden, erfüllte der Ehemann nicht. Und so sah man sie jüngst in einem Spezialbet­t liegen; eine kranke, traurige Fürstin im Exil.

Nun ist sie tot. In Erinnerung bleibt sie als große Entertaine­rin der luxuriösen Leichtfert­igkeit.

Engel

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FOTO: DPA Im Jahr 1990 mit ihrem letzten Ehemann Prinz Frédéric.
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FOTO: IMAGO Zsa Zsa Gabor bei Dreharbeit­en in den 50er Jahren.

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