Kalenderblatt 20. Dezember 1963
Fast 19 Jahre waren vergangen, seit amerikanische Soldaten das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz befreit hatten. Der Lagerkommandant Rudolf Höß war zwei Jahre nach dem Krieg in Polen als Kriegsverbrecher verurteilt und hingerichtet worden. Nun standen in Frankfurt am Main 22 Männer vor Gericht. Ihnen wurde die Beteiligung an den Morden in Auschwitz vorgeworfen. Der erste Auschwitz-Prozess begann am 20. Dezember 1963. Ein Problem für die Rechtsprechung war die Verjährungsfrist: Da Mord in der Nachkriegszeit nach 20 Jahren verjährte, schien es schwierig, die Angeklagten noch rechtzeitig zu verurteilen. Der Gesetzgeber löste das Problem, indem er die Verjährungsfrist zunächst bis 1969, dann bis 1979 verlängerte. Erst seit 1979 gilt in Deutschland der Grundsatz: „Mord verjährt nicht“. Der erste Auschwitz-Prozess dauerte zwei Jahre und 154 Prozesstage. Mehrere Überlebende des Konzentrationslagers sagten aus und schilderten das Grauen, welches sie in Auschwitz erlebt hatten. Sechs Angeklagte konnte die unmittelbare Beteiligung an Morden nachgewiesen werden, sie wurden zu lebenslangen Zuchthausstrafen verurteilt. Zwei Angeklagte schieden wegen Krankheit aus dem Prozess aus, drei Männer wurden aus Mangel an Beweisen freigesprochen. Die übrigen erhielten wegen Beihilfe Freiheitsstrafen zwischen dreieinhalb und 14 Jahren.