Zuckersteuer bringt nicht mehr Gesundheit
Die AOK Rheinland/Hamburg hat eine verdienstvolle Studie vorgelegt. Sie zeigt, dass die Volkskrankheit Diabetes bedrohlich zugenommen hat. Die Gesundheitspolitik ist gefordert, auf die neuen Zahlen, wonach jeder neunte Versicherte Zucker hat, zu reagieren.
AOK-Chef Wältermann selbst macht eine ganze Reihe sinnvoller Vorschläge – mehr Transparenz auf den Etiketten der Lebensmittel, gesunde Ernährung in Kitas und Schulen, weg von der XXL-Kultur und vor allem viel Bewegung. Man könnte noch hinzufügen, dass die Hausärzte, die über große Autorität bei ihren Patienten verfügen, besonders die Menschen im Auge behalten sollen, die wegen ihrer Lebensweise anfällig für Diabetes sind.
Eine staatliche Zuckersteuer, wie sie der Kassenchef ins Spiel bringt, passt da nicht hinein. Sie würde dem Staat lediglich Einnahmen verschaffen, aber Konsumenten kaum zu einer Änderung ihres Verhaltens veranlassen. Wer raucht oder trinkt, lässt sich auch nicht durch Tabak- oder Alkoholsteuern umstimmen. Die richtige Gesundheitsvorsorge ist eine Sache der Bildung. Nicht umsonst sind bildungsferne Schichten eher von Diabetes betroffen. Hier muss man deshalb zuerst ansetzen. BERICHT DIABETES: AOK-CHEF WILL . . ., TITELSEITE
Utopie Grundeinkommen
Die Idee hinter dem finnischen Experiment ist bestechend und hat Tradition, schon der konservative US-Ökonom Milton Friedman verfocht sie. Der finnische Staat zahlt Arbeitslosen ein Grundeinkommen von 560 Euro, das an keine Bedingung und kein Formular geknüpft ist. Vernünftig daran ist die Bündelung Hunderter staatlicher Leistungen. Zudem setzten die finnischen Ämter darauf, dass Menschen mit einem Grundeinkommen im Rücken eher eine ergänzende Arbeit aufnehmen.
Wenn sie sich da mal nicht täuschen. Der Anreiz kann auch ganz anders wirken, nämlich die Bereitschaft zur Aufnahme von Arbeit und Ausbildung senken. Wer ist noch bereit, die Mühen einer langen Ausbildung aufzunehmen, wenn er das Nötigste auch so sicher hat? Vor allem scheitert das Grundeinkommen an der Finanzierung. Um es im großen Stil einzuführen, sind gewaltige Steuererhöhungen nötig. Die Schweizer, die im Sommer über ein ähnliches Experiment abstimmten, hätten die Mehrwertsteuer auf 50 Prozent anheben müssen. Das Grundeinkommen ist eine schöne Utopie, aber eben eine Utopie. BERICHT
Türkei im Blickpunkt
Nuriye Gülmen ist eine Türkin mit Zivilcourage. Sie protestiert seit Wochen in Ankara öffentlich gegen ihren Rauswurf aus der Universität. Sie soll den missglückten Putsch gegen Staatspräsident Erdogan im Sommer unterstützt haben. Ihr Schicksal ähnelt dem von Tausenden, die Opfer nie gekannter Säuberungswellen wurden. In der Türkei laufen bereits diverse Prozesse gegen mutmaßliche Putschisten oder deren Unterstützer. Eines sollte nach unserem Rechtsverständnis klar sein: Es reicht nicht, Rechtsverstöße zu behaupten, man muss sie auch beweisen. Anderenfalls bricht der Staat das Gesetz und wird zum Täter.
2016 war ein Jahr übelster Terroranschläge in der Türkei. Das Land hat das Recht, sich dagegen zu wehren. Es hat gar die Pflicht, die Bürger gegen diese infame „Pest“zu schützen. Nur darf das nicht dazu führen, dass die Justiz politisch instrumentalisiert wird. Willkürliche Verhaftungswellen schüchtern die Menschen ein, sie zerstörten demokratische Strukturen und sind der Türkei nicht würdig. Es geht um faire Prozesse unter den Augen der Öffentlichkeit. BERICHT