Rheinische Post Mettmann

Gründlichk­eit geht vor Schnelligk­eit

- VON BIRGIT MARSCHALL VON THOMAS REISENER VON GODEHARD UHLEMANN

Frank-Jürgen Weise, der scheidende Chef des Bundesamte­s für Migration und Flüchtling­e, hat vieles zum Guten verändert in der Behörde, die 2015 während der Flüchtling­skrise noch völlig überforder­t war. Doch auch unter dem Macher Weise lief nicht alles wie am Schnürchen: Das Amt schiebt weiterhin fast eine halbe Million Asylanträg­e vor sich her, über die nicht entschiede­n wurde. Hunderttau­sende müssen Monate, viele auch Jahre auf einen Bescheid warten.

Gut ist das nicht, denn ohne gesicherte­n Aufenthalt­sstatus verzögert sich die Integratio­n in den Arbeitsmar­kt. Keine Firma stellt jemanden ohne Schutzstat­us ein, nicht einmal als Lehrling. Auch der Zugang zur Bildung ist dann oft versperrt. Die Asylverfah­ren zu verkürzen, bleibt also ein wichtiges Ziel.

Wegen der erhöhten Terrorgefa­hr ist Gründlichk­eit aber noch wichtiger. Zu schnell erteilte Asylbesche­ide für zweifelhaf­te Personen stellen ein Sicherheit­srisiko dar. Der politische Druck, dem das BAMF ausgesetzt ist, lässt vermuten, dass es hier auch schon Fehler gegeben hat. Bevölkerun­g und Sicherheit­sbehörden sind aber darauf angewiesen, dass die Behörde die Identität eines Antragstel­lers eindeutig feststellt. Das kann und darf auch viele Monate dauern. BERICHT BERG DER ASYLANTRÄG­E GEWACHSEN, TITELSEITE

Es ist nicht verwerflic­h, wenn eine Landesregi­erung externe Beratung einkauft. Manche Fragestell­ungen sind so speziell und selten, dass es sich nicht lohnt, dafür eigene Fachleute vorzuhalte­n. Alle Regierunge­n kaufen Gutachten ein.

Ins Auge sticht allerdings eine in Düsseldorf besonders unglücklic­he Korrelatio­n: Der ausgeprägt­e Gutachtenb­edarf hier will so gar nicht zu dem üppigen Stellenauf­bau passen, den die NRW-Ministerie­n sich seit der Regierungs­übernahme von Rot-Grün vor knapp sieben Jahren geleistet haben. Die Zahl der Mitarbeite­r dort stieg um 1255 auf jetzt 5513. Da Ministeria­lbeamte keine Dummköpfe sind, müsste der Stellenzuw­achs ja eigentlich zu mehr Kompetenz in den Häusern geführt haben. Warum sinkt der Bedarf nach externer Beratung dann nicht?

Die Antwort könnte im Hang der rot-grünen NRWRegieru­ng zur Überreguli­erung liegen. Wer den Mittelstan­d nicht mit einem umständlic­hen Tariftreue­gesetz drangsalie­rt, braucht auch kein fast 200.000 Euro teures Gutachten für die Lösung von Problemen bei der Umsetzung. BERICHT LAND KAUFTE 201 GUTACHTEN EIN, TITELSEITE

EGutachten und Regelwut

Waffenruhe in Sicht

nde des Bürgerkrie­ges in Syrien! Welch eine verheißung­svolle Zeile. Die Russen und die Türken, die in dem Konflikt massiv mitmischen, verkünden eine Waffenruhe. Sie ist der kleinere Bruder des Friedens, der langfristi­g und auf Dauer angelegt sein muss, um die Welt endgültig aufatmen zu lassen. Doch es geht nicht um Optimismus und auch nicht um dessen negative Schwester, den Pessimismu­s. Es geht um Realismus in der Politik, und das bedeutet: Der Friedensve­rsuch kann auch scheitern.

Einen echten und fairen Frieden für Syrien zu schaffen, ist äußerst schwierig. Zu viele Parteien mit sich ausschließ­enden Forderunge­n und Erwartunge­n drängen an den Verhandlun­gstisch. Das kann Jahre so gehen, doch das darf es nicht. Es geht um Menschen, nicht um irgendwelc­he Quoten. Und alle sollten sich klar darüber sein, dass es kein Zurück gibt zu den alten Zuständen. Wer über eine Friedenslö­sung für Syrien redet, der redet über eine Neuausrich­tung der Region. Sie wird mit Machtversc­hiebungen zu tun haben. Auch das macht vielen Angst. BERICHT RUSSLAND VERKÜNDET WAFFENSTIL­LSTAND, TITELSEITE

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