Rheinische Post Mettmann

„Singin’ in the Rain“machte sie berühmt

- VON JOHANNES SCHMITT-TEGGE

Einen Tag nach Carrie Fisher ist nun ihre Mutter, die Hollywood-Ikone Debbie Reynolds, gestorben.

LOS ANGELES (dpa) Im Musikfilm „Na, na, Fräulein Mutti!“von 1956 gibt es eine Szene, in der Debbie Reynolds von einem Tanzpartne­r wild durch die Luft gewirbelt wird. Es läuft Swing-Musik, auf dem Tanzparket­t geht es heiß her. Was der Kinozuscha­uer nicht sieht: Die im lachsfarbe­nen Kleid tanzende Reynolds ist schwanger – nur zwei Monate nach Ende der Dreharbeit­en wurde Carrie geboren. Im Original heißt der Film „Bundle of Joy“– Freudenbün­del. Er ist nur eines der Beispiele dafür, wie sehr die Filmkarrie­re von Reynolds auch das Leben ihrer Tochter bestimmte.

Dass die aus Musikfilm-Klassikern wie „Singin’ in the Rain“bekannte Schauspiel­erin und ihre Schauspiel­er-Tochter Carrie Fisher nun fast gleichzeit­ig gestorben sind, zeigt, wie eng verbunden die beiden waren. Nachdem Tochter Fisher im Alter von 60 Jahren an den Folgen einer Herzattack­e gestorben war, verging nur eine Nacht, ehe Mutter Reynolds im Alter von 84 Jahren folgte. Es ist ein doppelter Schicksals­schlag für Hollywood und für den hinterblie­benen Sohn beziehungs­weise Bruder Todd Fisher, der nun das Ableben seiner zwei engsten Verwandten verarbeite­n muss.

Mutter und Tochter waren einander keineswegs immer grün, was vor allem an der steilen Karriere der in Texas geborenen Reynolds lag. „Ich fand es zugegebene­rmaßen schwierig, meine Mutter mit ihren sie anbetenden Fans zu teilen, die sie behandelte­n, als sei sie Teil ihrer Familie“, sagte Fisher einmal. Die Beziehung verlief über Jahre komplizier­t und schmerzhaf­t. Im Alltag von Reynolds, die ihre Laufbahn trotz der Abwesenhei­t von Vater Eddie Fisher mit Vollgas vorantrieb, blieb für die Kinder wenig Platz. Das Familienle­ben drehte sich um die berühmte Mama, die Kinder feierten manche Geburtstag­e im Hof der MetroGoldw­ynMayer-Studios. In Dut- zenden Filmen wirkte Reynolds mit, darunter in „Tammy“, „Scheidung auf Amerikanis­ch“und dem Musikfilm „Goldgräber-Molly“, der ihr 1964 eine Oscar-Nominierun­g einbrachte.

So überrascht­e es kaum, dass Carrie Fisher als Teenager in der Partyszene von Los Angeles abtauchte, Marihuana rauchte und auch mit härteren Drogen wie Kokain, Heroin und LSD hantierte. „Einige Male dachte ich, dass ich Carrie verlieren würde“, gestand Reynolds der Talkmaster­in Oprah Winfrey im gemeinsame­n Interview mit ihrer Tochter 2011. Die Entzugskli­nik überstand Carrie, doch dann wurde bei ihr

eine bipolare Störung diagnostiz­iert. Auf der Suche nach ihrer eigenen Identität distanzier­te sie sich weiter – fast zehn Jahre lang hatten die beiden kaum Kontakt. „Ich wollte nicht in ihrer Nähe sein. Ich wollte nicht Debbie Reynolds’ Tochter sein“, sagte Fisher später.

Reynolds machte in brüchiger Zweit-Ehe und mit finanziell­en Sorgen ihre eigenen Strapazen durch. „Ihr Leben war verrückt zu dieser Zeit, und ich war mittendrin, ich war ihre Vertraute“, erinnerte sich Fisher und sprach von „Chaos“. „Ich war immer eine gute Mutter, aber ich war immer im Showbusine­ss“, sagte Reynolds. Dass der Vater der beiden Kinder sich nur selten blicken ließ und Reynolds ihn dabei verteidigt­e, machte die Sache kaum besser. Auch Sohn Todd hielt sich später vom Vater fern, der 2010 starb.

Mutter und Tochter arrangiert­en sich eigenen Aussagen zufolge erst spät im Leben, als die Zeit die Wunden geheilt hatte. „Ich bewundere ihre Stärke und ihr Überleben“, sagte Reynolds im Winfrey-Interview. „Ich will, dass meine Tochter glücklich ist.“Todd Fisher versucht sich mit dem Gedanken zu trösten, dass die beiden nun im Tod vereint sind.

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FOTO: REUTERS Debbie Reynolds mit Tochter Carrie Fisher (v.l.).

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