Rheinische Post Mettmann

Schwarz-Grün gegen Schwarz-Gelb

- VON DETLEV HÜWEL UND EVA QUADBECK

Nach dem Seitenhieb von CDU-Generalsek­retär Tauber gegen FDP-Chef Lindner streitet die Union über künftige Koalitions­partner.

BERLIN/DÜSSELDORF Was war die Welt für die CDU früher einfach: Sie koalierte mit der FDP, und wenn das nicht reichte, gab es eben eine große Koalition. 2017 zieht die Union erstmals ohne Koalitions­aussage in den Wahlkampf, und prompt bricht Streit aus, wie man mit dem einstigen Wunschpart­ner im Wahlkampf umgehen soll. CDU-Generalsek­retär Peter Tauber stieß am Wochenende mit seiner heftigen persönlich­en Kritik an FDPChef Christian Lindner auf Unverständ­nis in den eigenen Rei

hen. Tauber hatte über Lindner in der „Bild am Sonntag“gesagt: „Er redet teilweise wie Herr Gauland von der AfD.“Der einzige Unterschie­d bestehe darin, dass er statt eines abgewetzte­n Tweed-Sakkos einen überteuert­en Maßanzug trage.

Die fehlende Koalitions­aussage führt zu parteiinte­rnen Richtungsk­ämpfen. Tauber ist dafür bekannt, dass er Sympathien für ein schwarzgrü­nes Bündnis hegt. Sein hessischer Landesverb­and zeigt mit Volker Bouffier an der Spitze, dass ein solches Bündnis solide funktionie­ren kann. Bei einem Einzug der FDP in den Bundestag würde es für die schwarz-grüne Option allerdings rein rechnerisc­h nicht mehr reichen.

Zudem setzen viele CDUler und CSUler nach wie vor auf die Liberalen als politische Partner. Lindner erfuhr prompt eine Welle der Solidarisi­erung – nicht nur aus der FDP, sondern auch von Unionspoli­tikern. Der Vizechef der Liberalen, Wolfgang Kubicki, keilte zurück und bezeichnet­e den CDU-Generalsek­retär als „Taubernuss“. Die Schmähung, die in der „Heute-Show“sicherlich für Lacher gesorgt hätte, weckte als ernste politische Botschaft die Erinnerung an die unrühmlich­e Zusammenar­beit von Union und FDP in der schwarz-gelben Regierung 2009 bis 2013. Damals titulierte­n sich die Protagonis­ten gegenseiti­g als „Wildsau“und „Gurkentrup­pe“.

NRW-CDU-Landeschef Armin Laschet, der zum schwarz-grünen Flügel seiner Partei gehört und ein Verteidige­r von Merkels Flüchtling­spolitik ist, passte der Zwischenru­f aus Berlin ganz und gar nicht. Sieht er doch in NRW ein Bündnis der CDU mit FDP und Grünen als Machtoptio­n für sich. „Christian Lindner redet rhetorisch stark, zuspitzend und zuweilen kritisch, aber gerade eben nicht wie Gauland“, sagte Laschet. „Die FDP ist unser natürliche­r Partner und bleibt es auch“, betonte Carsten Linnemann, Vorsitzend­er der Mittelstan­dsvereinig­ung der CDU aus Paderborn. Beide seien Parteien der sozialen Marktwirts­chaft. Der Europaabge­ordnete und Vorsitzend­e der CDU des Bergischen Landes, Herbert Reul, kritisiert­e ebenfalls den Tauber-Vergleich. „Das war nicht besonders geschickt“, sagte er.

Lindner, der Tauber persönlich gar nicht kennt, reagierte gestern gelassen auf die Anwürfe. Taubers Äußerungen zeigten, wie nervös die CDU sei. „Wenn man Frau Merkel kritisiert, gehört man für die CDU in die AfD-Ecke“, beklagte Lindner. Was Tauber getrieben hat, den FDPChef auf diese Weise anzugehen, gibt auch vielen Parteifreu­nden Rätsel auf. „Der ist halt ziemlich blass und wollte mal einen raushauen“, sagte einer, der sonst auch viel Gutes über den Generalsek­retär sagt.

Zustimmung für Taubers Äußerungen gab es in der CDU keine. Manch einer nahm den Generalsek­retär, der sich vor der Vorstandsk­lausur am Wochenende parteiinte­rner Kritik ausgesetzt sieht, in Schutz: Neben Kanzlerin Merkel diesen Job zu machen, sei schwierig. Für Tauber gebe es nur wenige Profilieru­ngsmöglich­keiten.

Tauber trat in einer Schönwette­rLage 2013 für die CDU als Generalsek­retär an. Die Umfragewer­te der Kanzlerin waren blendend. Die Union konnte sich den Koalitions­partner aussuchen. Es wurde die SPD. Die Grünen galten fortan als Machtoptio­n für 2017. Auch Peter Altmaier als Kanzleramt­sminister stand dafür, dass diese Konstellat­ion vorbereite­t wird. Mit dem Erstarken der AfD, mit der Flüchtling­skrise und mit der verschärft­en Sicherheit­slage erscheint ein schwarz-grünes Bündnis nicht nur rein rechnerisc­h unwahrsche­inlich. Mit den Grünen ließe sich auch nicht die Politik umsetzen, die Innenminis­ter Thomas de Maizière für nötig hält und für die er aus der Bevölkerun­g wachsende Unterstütz­ung bekommt.

Schwarz-Gelb galt nach 2013 als Geschichte. Ein solches Bündnis existiert aktuell nur noch in Sachsen unter Ministerpr­äsident Stanislaw Tillich. In der CDU wächst nun die Zahl derer, die vor den integratio­nsund sicherheit­spolitisch­en Herausford­erungen ein schwarz-grünes Bündnis skeptisch sehen. Wenn man wie Unionsfrak­tionschef Volker Kauder eine Neuauflage von Schwarz-Rot 2017 verhindern will, wird man die Liberalen wohl brauchen.

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Die CDU-Parteikoll­egen rund um Peter Altmaier, Peter Tauber und Volker Bouffier (v. l.) sympathisi­eren mit einer schwarz-grünen Koalition...

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