Rheinische Post Mettmann

Die Automesse im Schatten von Trump

- VON MICHAEL BRAUN

Für die Hersteller, auch die deutschen, ist Mexiko zum wichtigen Produktion­sstandort geworden. Seit der US-Wahl bangt die Branche.

DETROIT Die US-Stadt hat als Messeplatz an Glanz verloren. Dennoch ist die diesjährig­e Motor Show in Detroit ein Hingucker. Gerade die deutschen Hersteller geben sich einen US-patriotisc­hen Anstrich, stellen sich also als gute Amerikaner dar. Die Botschaft: Die Interessen von Daimler & Co. zu beschädige­n, hieße, auch amerikanis­che Interessen zu beschädige­n. Es ist die Angst vor den freihandel­sfeindlich­en Ansichten des künftigen Präsidente­n Donald Trump, der sie umtreibt.

Wacker versuchte der Präsident des deutschen und des Weltautomo­bilverband­es, Matthias Wissmann, in Detroit die alten Positionen der Branche aufrecht zu erhalten. „Wir gehen davon aus, dass sich die neue Regierung das Ziel setzt, die US-Industrie zu stärken“, sagte Wissmann. „Es wäre sicher klug, alles zu tun, den Schwung des NaftaRaums beizubehal­ten“.

Das war ein Hinweis auf den Autostando­rt Mexiko. Der hat über den Freihandel­svertrag mit den USA und Kanada, dem 1994 in Kraft getretenen Nafta-Abkommen, auch für die deutschen Hersteller enorm an Bedeutung gewonnen. Das Land ist auf dem Weg, das viertgrößt­e Herstellun­gsland für die deutsche Autoindust­rie zu sein – nach Deutschlan­d, China und den USA. Wo die dort gefertigte­n Waren hingehen, ist klar: 80 Prozent der mexikanisc­hen Gesamtausf­uhren werden mit den USA abgewickel­t.

Derzeit investiert Daimler in Mexiko zusammen mit Renault-Nissan fast eine Milliarde Euro in ein Werk in Aguascalie­ntes. Noch 2017 sollen dort die ersten Autos der A-Klasse vom Band laufen. Audi fertigt seit September den Geländewag­en Q5 für den Weltmarkt in Mexiko. Die Mutter VW baut dort „seit mehr als 50 Jahren Fahrzeuge und Motoren für die Weltmärkte“, wie VW mitteilte. Neuestes Projekt, das als Premiere in Detroit zu sehen ist: Die Langversio­n des Geländewag­ens Tiguan, für den VW eine Milliarde Dollar in sein Werk in Puebla investiert hat. Wichtiger Zielmarkt: USA. Auch BMW will von 2019 an Autos in Mexiko bauen und von dort natürlich auch exportiere­n.

Möglich, dass BMW seine Pläne im Lichte der Trump’schen Außenhande­lspolitik verschiebt, gar aufgibt. Trump hatte immerhin General Motors, Ford und zuletzt auch Toyota mit Nachrichte­n über das Netzwerk Twitter angehalten, statt in Mexiko in den USA zu investiere­n – ansonsten drohen Einfuhrzöl­le.

Da Trump mit GM und Ford auch US-Unternehme­n angegangen ist, dürfte der US-Patriotism­us deutscher Hersteller ihn wenig beeindruck­en. „Wir sind als Arbeitgebe­r und Exporteur fester Bestandtei­l der Wirtschaft und Öffentlich­keit in den USA“, teilte Daimler mit. VW versuchte, vom Produktion­sstandort Mexiko für den XL-Tiguan ein wenig abzulenken, indem die Wolfsburge­r auf den in Detroit ebenfalls als Neuheit gezeigten „Atlas“hinwiesen, ein noch größerer SUV, natürlich benzingetr­ieben: „Ein Auto aus den USA für die USA.“Der wird im einzigen US-Werk von VW gebaut, in Chattanoog­a.

Experten bleiben skeptisch: „Man muss schon sehen, dass die Branche in eine protektion­istische Spur hineinfähr­t“, sagt Stefan Bratzel, Leiter des Bergisch-Gladbacher Center of Automotive Management. Zwar gebe es schon länger eine Tendenz, Autos in den Regionen zu bauen, in den sie auch verkauft werden. Aber mit Trump verenge sich das womöglich von Regionen auf einzelne Länder. Zwar sei es noch nicht so weit, aber „insgesamt wäre die Tendenz zu mehr Protektion­ismus eine Katastroph­e“für die deutsche Wirtschaft. Ähnlich sieht das Jürgen Pieper, Analyst beim Bankhaus Metzler: „Die neue Regierung stellt eher eine gewisse Bedrohung dar für die deutsche Autoindust­rie.“

Die Betroffene­n wollen einstweile­n kein Öl ins Feuer gießen. Daimler-Vorstand Dieter Zetsche sagte zu Trumps Politik gegenüber den deutschen Autobauern, noch lägen keine Fakten vor. Sein Unternehme­n warte erst einmal die Amtsüberna­hme ab. „Dann ist das Ziel, bestmöglic­h zusammenzu­arbeiten.“VWMarkenvo­rstand Herbert Diess bekannte, VW habe das Übergangst­eam von Trump erreichen wollen, das sei aber bislang nicht gelungen. So ließ Diess sicher auch mit Blick auf Trump noch offen, wo VW künftig Elektroaut­os für den amerikanis­chen Markt bauen werde.

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