Rheinische Post Mettmann

Doping: Sky-Radsportch­ef unter Druck

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MONACO/MÜNCHEN (sid) Chris Froome wurde einmal gefragt, er wurde noch einmal gefragt und wieder. Doch der dreimalige Tour-deFrance-Champion verzichtet­e beim Presseterm­in im Trainingsl­ager darauf, seinem offenbar mehr und mehr isolierten Sky-Teamchef Dave Brailsford den Rücken zu stärken. „Es ist nicht an mir, das zu beurteilen“, sagte Froome, als es um die Glaubwürdi­gkeit des Architekte­n hinter der Erfolgsges­chichte des britischen Radsports ging. Und: „Das müsst ihr ihn selbst fragen. Ich weiß nicht, wie er antworten wird.“

Es sind ungemütlic­he Zeiten für Brailsford, der an vielen Fronten massiven Gegenwind erfährt. Mit dem Waliser, der sich stets vehement als Anti-Doping-Kämpfer postierte, gerät auch das Team Sky ins Zwielicht, das in vier der letzten fünf Jahren den Tour-Sieger stellte.

Auslöser der Debatte ist eine fragwürdig­e Medikament­enlieferun­g, die die gerade zurückgetr­etene RadIkone Bradley Wiggins am letzten Tag des Critérium du Dauphine 2011 erhielt. Kurz vor Weihnachte­n musste Brailsford vor dem Sportaussc­huss des britischen Parlaments Stellung beziehen und sprach davon, das mysteriöse Päckchen habe nach Angaben des SkyTeamarz­tes Richard Freemann den Hustenlöse­r Fluimucil enthalten. Seine Aussagen waren weithin als nicht aufklärend beurteilt worden, eine erneute Vorladung ist absehbar.

Der Chef der britischen Anti-Doping-Agentur UKAD, David Kenworthy, erhöhte jetzt den Druck auf Brailsford: „Die Leute können sich an ein Päckchen erinnern, das nach Frankreich geliefert wurde, sie erinnern sich, wer danach verlangte, sie erinnern sich an die Lieferrout­e, wer es übergab, wann es ankam“, sagte er der BBC. Und weiter: „Also jeder erinnert sich an diese Dinge, obwohl sie fünf Jahre zurücklieg­en, aber keiner erinnert sich daran, was drin war. Das erscheint mir schon außergewöh­nlich. Das ist sehr enttäusche­nd.“

Trotz allem bricht Sky vorerst den Stab nicht über Brailsford. „Wie wir am Beginn der Untersuchu­ng mitgeteilt haben, sind wir zuversicht­lich, dass es keine Verstöße gegeben hat“, hieß es am Wochenende.

Froome, der 2017 seinen vierten Tour-Triumph anpeilt, sorgt sich einstweile­n eher um seine eigene Glaubwürdi­gkeit. „Meine Maßstäbe sind unveränder­t. Ich habe meinen Standpunkt oft betont, um zu zeigen, dass man die Tour de France sauber gewinnen kann, auch mehrmals“, sagte er.

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