Rheinische Post Mettmann

KOLUMNE EINE FRAGE DES STILS

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Bei Rüpeln gelassen bleiben

Täglich herrscht vor Ihrem Haus ein Gedränge um die Parkplätze, und bisweilen müssen Sie mehrfach um den Block fahren. Immer freuen Sie sich wie ein Kind, wenn Sie Ihr Automobil abends ohne Verzögerun­g unter der Laterne zur Nacht abstellen können. Leider gibt es Zeitgenoss­en, die so ungünstig parken, dass sie mehrere Plätze beanspruch­en; wo drei Fahrzeuge parken könnten, passen jetzt nur zwei hin.

Jeder erlebt täglich solche Momente der Gedanken- oder Rücksichts­losigkeit. Die rauchende Frau, die ihr Auto beim Discounter auf dem „Mit Kinderwage­n“-Parkplatz abstellt. Der Rentner, der mit laufendem Motor auf dem Halteverbo­tszeichen vor diesem Discounter parkt, damit seine Frau keinen Meter zu viel laufen muss. Der Teenager, der mit notorische­m „Booaah, Nico hat auch gesagt“-Gequake das Ruheabteil des ICE kontaminie­rt. In diesen Augenblick­en erwacht in uns der Wunsch nach dem Ordnungshü­ter, nach einem schnellen Ahndungser­folg. Wir möchten diese Leute abstrafen, zur Räson bringen, in ihre Schranken weisen.

Solche Wünsche sind verständli­ch und menschlich, aber von Klugheit weit entfernt. Natürlich können Sie dem ungünstig parkenden Nachbarn einen anonymen Zettel in Druckschri­ft an die Windschutz­scheibe hängen, darauf dies zu lesen: „Ihr asoziales Parkverhal­ten

Golden-Globe-Gewinner Ryan Gosling und Emma Stone geht uns Nachbarn schwer auf die Nerven!“Der Effekt ist kaum zu kalkuliere­n. Vielleicht schaut der Nachbar in diesem Moment durch die Scheibe und merkt sich Ihr Gesicht. Stilvoll und weise ist es, auf dem Zettel um Einsicht zu werben: „Liebes Nachbaraut­o, könntest Du beim nächsten Parken darauf achten, dass auch ich noch Platz finde? Vielen Dank.“Einen Nachbarn, den Sie kennen, können Sie natürlich höflich ansprechen.

Werbemaßna­hmen für ein mitdenkend­es Miteinande­r wirken oft Wunder. Und was die Blödparker vor dem Discounter betrifft: Der Menschheit gehören nun mal etliche Leute an, deren Frechheit mit Ignoranz gestraft gehört. Abgewöhnen sollten wir uns die Einstellun­g, wir seien die Oberstudie­nräte der Zivilisati­on. Trainieren Sie Gelassenhe­it! Und im Zug sollten Sie immer Ohrstöpsel dabei haben. Hat der Teenager nämlich aufgehört zu telefonier­en, steigt im nächsten Bahnhof ein Kegelclub ein. Haben Sie eine Stilfrage? Dann schreiben Sie uns an: stilfrage@rheinische-post.de

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