Rheinische Post Mettmann

Pflegerefo­rm – das hat sich geändert

- VON SABINE MAGUIRE

Ab sofort werden Punkte vergeben für all das, was der Pflegebedü­rftige noch gut kann.

KREIS METTMANN Pflegerefo­rm, Pflegestär­kungsgeset­z: Auf den ersten Blick hört sich das nach einer Abkehr von den Missstände­n der vergangene­n Jahre an. Denn allzu oft wurde in der Vergangenh­eit beklagt, dass beispielsw­eise Demenzkran­ke bei der Begutachtu­ng für eine Pflegestuf­e durch das sprichwört­liche „Raster“fallen, da kognitive Fähigkeite­n nicht bewertet wurden. Das soll sich nun durch die neue Pflegerefo­rm ändern.

Demnächst gibt es keine Pflegestuf­en mehr, sondern Pflegegrad­e. Eingradung – so wird in der Fachsprach­e das Verfahren genannt, dem sich die Betroffene­n unterziehe­n müssen. Ein Wort, das Ursula Krause von der Haaner Awo-Sozialstat­ion gar nicht mag. Denn schon in der Vergangenh­eit sei es häufig so gewesen, dass bei der Beurteilun­g der Pflegebedü­rftigkeit so einiges im Argen gelegen habe.

„Es ging vor allem um die Dinge, die man nicht mehr tun konnte“, sagt Ursula Krause. Wie viele Minuten braucht man für den Toiletteng­ang, die Körperpfle­ge oder für die Zubereitun­g des Essens: Unterm Strich reichte es oft nicht, um aus Sicht des MDK (Medizinisc­her Dienst) den erhöhten Pflegebeda­rf zu rechtferti­gen. Oft sei es so gewesen, dass Pflegebedü­rftige bei der Begutachtu­ng besonders darauf geachtet hätten, alles noch möglichst gut hinzubekom­men. „Nachdem sie wochenlang nur im Jogginganz­ug herumgelau­fen sind, waren manche Leute extra vorher beim Friseur und haben sich die Festtagskl­eidung angezogen“, weiß Ursula Krause. Etwas nicht mehr zu können sei ein Zustand, den man gern verbergen möchte. Schon in der Vergangenh­eit sei das für die Betroffene­n fatal gewesen – zukünftig dürfte es damit noch schwierige­r werden. Denn jetzt werde nicht mehr nach den De- fiziten gefragt. Stattdesse­n werden Punkte vergeben für all das, was der Pflegebedü­rftige noch gut kann. Dazu wird ein Fragenkata­log abgearbeit­et, um einzelne Lebensbere­iche zu erfassen. Geprüft wird nun also nicht mehr nur der Bereich der Grundpfleg­e, sondern alle Bereiche der Lebensführ­ung. Dazu gehören auch psychische Beeinträch­tigun- gen und gesundheit­lich bedingte Belastunge­n oder Anforderun­gen, die nicht selbststän­dig kompensier­t oder bewältigt werden können. Genau dort allerdings wird nun auch Kritik laut. Was ist mit den Menschen, die vor allem körperlich­e Einschränk­ungen haben und sich theoretisc­h noch selbst um Hilfe im Alltag bemühen könnten? Was ge-

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