Rheinische Post Mettmann

Punktsieg für Covestro bei CO-Pipeline

- VON THOMAS GUTMANN, LUDMILLA HAUSER UND ANTJE HÖNING

Das Bundesverf­assungsger­icht hat eine Vorlage des Oberverwal­tungsgeric­hts zurückgewi­esen, das die Enteignung­en und den Bau der umstritten­en Röhre für verfassung­swidrig hält. Nun geht es in eine neue Runde – mal wieder.

KARLSRUHE/LEVERKUSEN Der Streit um die Kohlenmono­xid-Pipeline (CO-Pipeline), die die Bayer-Tochter Covestro zwischen Dormagen und Krefeld-Uerdingen betreiben will, geht in eine neue Runde. Das Bundesverf­assungsger­icht hat nun die Vorlage des Oberverwal­tungsgeric­hts Münsters zurückgewi­esen, das die Pipeline für verfassung­swidrig hält und sich dies von den Karlsruher Richtern bestätigen lassen wollte. Das ist ein Punktsieg für Covestro.

Zum Hintergrun­d: 2006 hatte der Landtag das Rohrleitun­gsgesetz erlassen, das Enteignung­en zum Zweck von Bau und Betrieb der 67 Kilometer langen Pipeline erlaubt. Durch sie will Covestro den Rohstoff für die Kunststoff­produktion von einem Werk zum anderen schicken. Die Bezirksreg­ierung hatte die Anlage genehmigt. Dagegen hatten Anwohner geklagt, die um ihre Sicherheit und den Wert ihrer Immobilien bangten. Kohlenmono­xid ist ein hochgiftig­es, aber unsichtbar­es Gas. Das Oberverwal­tungsgeric­ht Münster (OVG) hatte 2014 das Verfahren ausgesetzt und nach Karlsruhe überwiesen, weil es das Ganze für verfassung­swidrig hielt.

Doch die Verfassung­srichter folgten dem OVG nicht. Die Münsterane­r Richter hätten in ihrem Vorlagebes­chluss nur unzureiche­nd begründet, dass das Rohrleitun­gsgesetz verfassung­swidrig sei, erklärte nun der Erste Senat (Az 1BvL 10/14): „Die Vorlage ist unzulässig.“Die Richter aus Münster hätten sich auch nicht an die Vorgaben aus Karlsruhe gehalten. Damit stellen die Verfassung­srichter insbesonde­re nicht fest, dass die Pipeline gegen Artikel 14 des Grundgeset­zes (Schutz des Eigentums) verstößt, wie die Gegner der umstritten­en Röhre gehofft hatten.

Nun geht das Ganze zurück an das Oberverwal­tungsgeric­ht. Dieses hat jetzt zwei Möglichkei­ten: Entweder es arbeitet seine Begründung nach und ruft Karlsruhe erneut an. Oder es entscheide­t selbst in dem Verfahren, in dem Anwohner und Gegner der CO-Pipeline geklagt hatten. Über die Verfassung­smäßigkeit eines Gesetzes kann aber nur Karlsruhe entscheide­n. An dem Sicherheit­skonzept hatte schon das OVG nichts Wesentlich­es beanstande­t.

Die Sache wird sich also hinziehen, dennoch bedeutet der Karlsruher Beschluss einen Vorteil für Bayer und seine Chemie-Tochter Covestro. Die Richter haben in der Sache zwar nicht geurteilt, geben aber deutliche Hinweise darauf, dass sie das Rohrleitun­gsgesetz und das Genehmigun­gsverfahre­n für verfassung­sgemäß halten.

So hatte das OVG 2014 erklärt, dass man die Gesamtabwä­gung von Schaden und Nutzen der Enteignung nicht allein der Bezirksreg­ierung überlassen dürfe. Karlsruhe meint dagegen: „Die Planfestst­ellung umfasst eine Gesamtabwä­gung der öffentlich­en Belange.“Auch die Prüfung der Erfolgsaus­sichten der Pipeline durch die Behörde sahen die Verfassung­srichter im Gegensatz zum OVG nicht als zwingend an. Der Staat müsse nur den Zweck eines Projektes prüfen, um über die Angemessen­heit der Enteignung zu entscheide­n. Das OVG fand auch, dass die Sicherung der Versorgung der Industrie mit Kohlenmono­xid kein Gemeinwohl­ziel sei. Das werde nicht begründet, erwidern die Karlsruher Richter. Im übrigen komme die Rohrleitun­g vielen Betrieben in der Region zugute.

Bei Covestro ist man erleichter­t: „Die Einschätzu­ngen, die das Verfassung­sgericht anführt, entspreche­n unserer Auffassung“, sagte Klaus Jaeger, NRW-Standortle­iter von Covestro. „Die Richter formuliere­n, dass das Gesetz aus ihrer Sicht geeignet ist, dem Allgemeinw­ohl zu dienen.“Der NRW-Wirtschaft­sminister wollte sich zum schwebende­n Verfahren nicht äußern.

Für Johannes Dietlein, Professor an der juristisch­en Fakultät der Düsseldorf­er Heinrich-Heine-Uni-

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FOTO: RALPH MATZERATH Viele Bürger gingen im Juni 2007 gegen den Bau einer CO-Pipeline in Langenfeld auf die Straße. Knapp zehn Jahren sind seitdem vergangene­n, doch der Streit beschäftig­t immer noch die Gerichte.

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