Rheinische Post Mettmann

NEUE PLATTE

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Indiepop Jedes neue Album dieser Band wird es schwer haben, und das ist genau genommen ein Kompliment. Die erste Platte von The XX war nämlich überragend toll, sie klang wie Joy Division mit Instagram-Account, das war Soul vom emotionale­n Kältepol, Gitarrenpo­p mit einem Faible für R ’n’ B. Wenn man den Namen The XX nennt, denkt man sofort an das kaum drei Minuten lange und rein instrument­ale Intro zu jener unbetitelt­en Platte aus dem Jahr 2009. Es war so schön, dass ein Fan es auf eine Stunde verlängert und bei Youtube hochgelade­n hat.

Bevor man nun also das neue Album von The XX hört, möge man die Hoffnung begraben, dass die Band dasselbe noch einmal machen und man davon dann genauso getroffen wird wie damals. Acht Jahre sind vergangen, die drei Schulfreun­de aus London sind jetzt Ende 20, und ihre dritte Platte heißt „I See You“. Sie ist sehr gelungen.

Man spürt, dass Oliver Sims, Romy Madley Croft und Jamie XX sich viel vorgenomme­n haben, eine Veränderun­g des Sounds nämlich. Man hört gleich im ersten Stück Bläserfanf­aren, später kommen Streicher und Sirenen hinzu, sie sampeln Hall & Oates, und das fa- belhafte Stück „Replica“mutet geradezu karibisch an. Zugleich ist jedes Lied eindeutig The XX. Zwischen den Tönen öffnen sie weite Hallräume. Die indes werden nun nicht mehr in aller Seelenruhe dunkelgrau gestrichen, sondern heiter koloriert, und zwar mit Farbe aus dem Synthesize­r. Rave für Leute, die gerne seufzen.

Jamie XX, der für die glanzpolie­r- te Produktion zuständig ist, stieg in den vergangene­n Jahren zum gefeierten Club-Produzente­n auf, er arbeitete mit Drake und Alicia Keys, und sein Einfluss auf die neuen Stücke ist groß. Croft und Sims umkreisen einander weiterhin sehr zart und flehentlic­h, aber sie swingen und grooven dabei ein bisschen. Sie klingen sicherer als einst, weniger defensiv und verschwieg­en, sie sind nun selbstbewu­sste Schwärmer: „A rush of blood is not enough / I need my feelings set on fire.“Es ist immer wieder schön, ihnen zuzuhören. Philipp Holstein

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