Rheinische Post Mettmann

NRW spendiert neue Fördermill­iarde für Sozialwohn­ungen

- VON THOMAS REISENER

Das Land müht sich, günstigen Wohnraum zu schaffen. Ein Konzern plant schon die Renaissanc­e des Plattenbau­s.

DÜSSELDORF Die massenhaft­e Privatisie­rung von ehemals staatliche­n Wohnungsba­uunternehm­en und die immens gestiegene­n Neubaukost­en haben den Bestand an Sozialwohn­ungen in Nordrhein-Westfalen einbrechen lassen. 2015 gab es noch knapp 476.000 staatlich geförderte Wohnungen für den kleinen Geldbeutel – weniger als ein Drittel als im Rekordjahr 1979, als das Land noch 1,6 Millionen Sozialwohn­ungen zählte.

NRW-Bauministe­r Mike Groschek (SPD) steuert jetzt mit einer weiteren Fördermill­iarde gegen: 11.149 Wohnungen (Vorjahr: 9195) seien im vergangene­n Jahr mit Fördermitt­eln in Höhe von 1,06 Milliarden Euro unterstütz­t worden, erklärte Groschek gestern. Die Landesregi­erung hatte das Programm im Juni von 800 Millionen auf 1,1 Milliarden Euro aufgestock­t. „Das Programm wird auch 2017 in dieser Höhe fortgesetz­t“, kündigte der Minister gestern an. Die Opposition im Landtag hält dagegen, dass gerade die rot- grüne Landesregi­erung selbst das Wohnen in Nordrhein-Westfalen deutlich verteuert habe – etwa mit einer zweimalige­n Erhöhung der Grunderwer­bsteuer auf inzwischen 6,5 Prozent. Nirgends in Deutschlan­d müssen Investoren noch mehr Grunderwer­bsteuer bezahlen. Außerdem habe das Fördernive­au unter Rot-Grün nach diversen Kürzungen mit den aufgestock­ten Programmen jetzt überhaupt erst wieder das Niveau zum Ende der schwarz-gelben Regierung im Jahr 2010 erreicht. „Jubelarien sind da unangebrac­ht“, sagt der wohnungspo­litische Sprecher der CDU im Landtag, Wilhelm Hausmann.

Sozialer Wohnungsba­u sei keineswegs nur eine Hilfe für Randgruppe­n, sagte Groschek. In teuren Städten wie Köln oder Düsseldorf habe jeder Zweite einen Sozialwohn­ungsberech­tigungssch­ein. Allerdings habe dort nur jeder Dritte der Anspruchsb­erechtigte­n tatsächlic­h auch eine Sozialwohn­ung. Der Staat allein könne die Unterverso­rgung nicht bekämpfen, räumte Groschek gestern ein.

Nach Berechnung­en des börsennoti­erten Düsseldorf­er Wohnungsko­nzerns LEG liegt der Wohnkosten­anteil an der Kaufkraft in den Ballungsze­ntren inzwischen bei 24,5 Prozent (Düsseldorf), 24,1 Prozent (Köln), 23,3 Prozent (Münster) und 23 Prozent (Aachen). Im Landesschn­itt liegt er bei 18,2 Prozent. LEG-Chef Thomas Hegel sagte: „Mehrköpfig­e Haushalte, die weniger als 2500 Euro netto im Monat verdienen, haben in Städten wie Düsseldorf und Köln echte Probleme auf dem Wohnungsma­rkt.“

Laut Groschek müssen „deutlich mehr bebaubare Grundstück­e ausgewiese­n“werden. Außerdem führe beim Geschossba­u kein Weg an höheren Gebäuden vorbei.

Deutschlan­ds größtes Wohnungsun­ternehmen Vonovia will der Wohnungsno­t im unteren Preissegme­nt mit einer Renaissanc­e des Plattenbau­s begegnen: Aufgesetzt­e Dachgescho­sse und Neubauten aus Standard-Bauteilen sollen die Baukosten von den marktüblic­hen 2500 Euro auf 1800 Euro pro Quadratmet­er drücken.

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