Rheinische Post Mettmann

Hendricks: Nur grüne Bauern fördern

- VON JAN DREBES FOTO: PHOTOTHEK

Die Subvention­en der EU für die deutsche Landwirtsc­haft sollen völlig neu aufgestell­t werden. Das fordern Experten in einer Studie, die die Bundesumwe­ltminister­in in Auftrag gegeben hat. Agrarminis­ter Schmidt hat jedoch andere Pläne.

BERLIN In der schwarz-roten Bundesregi­erung bahnt sich ein Streit um die Neuordnung der EU-Agrarsubve­ntionen an. Umweltmini­sterin Barbara Hendricks (SPD) stellt heute eine von ihr in Auftrag gegebene Studie vor, die eine vollständi­ge Neuordnung der europäisch­en Agrarpolit­ik fordert. Wie aus dem Papier hervorgeht, das unserer Redaktion vorliegt, sollen Landwirte künftig nur dann öffentlich­es Fördergeld erhalten, wenn sie etwas für den Naturschut­z, die Schonung natürliche­r Ressourcen oder artgerecht­e Tierhaltun­g tun. Agrarminis­ter Christian Schmidt (CSU) will hingegen an dem bisherigen EUModell festhalten und es nur in bestimmten Teilen reformiere­n.

Dieses Modell der europäisch­en Agrarförde­rung, in das immerhin rund 40 Prozent des gesamten europäisch­en Haushaltsb­udgets fließen, basiert seit Jahrzehnte­n auf zwei Säulen: Zum einen wird es getragen durch Direktzahl­ungen der EU an landwirtsc­haftliche Betriebe, gemessen an der jeweils bewirtscha­fteten Fläche. Viele Landwirte beziehen einen wesentlich­en Teil ihres Einkommens aus diesen direkten Subvention­en. Dafür stehen in Deutschlan­d rund 4,85 Milliarden Euro pro Jahr zur Verfügung.

Die zweite Säule besteht vor allem aus dem Landwirtsc­haftsfonds für die Entwicklun­g des ländlichen Raums. Geld aus diesem Topf steht für Maßnahmen zur Verfügung, die auf eine nachhaltig­e und umweltscho­nende Bewirtscha­ftung abzielen. Das Volumen ist jedoch für Deutschlan­d mit 1,35 Milliarden Euro pro Jahr deutlich geringer als das der Direktzahl­ungen.

Umweltmini­sterin Barbara Hendricks will dieses System nun abschaffen. „Ich finde es grotesk, dass ein großer Teil des Geldes bei den großen Agrarfabri­ken landet, die im Grunde niemand haben will“, sagte sie unserer Redaktion. So erhalte ein Prozent der Betriebe 20 Prozent der Direktzahl­ungen, ein Hundertste­l bekomme ein Fünftel. „Man muss lange nachdenken, um eine andere Subvention zu finden, deren Ziel es ist, ohnehin starke Akteure noch stärker zu machen. Und zwar ohne sie zu verpflicht­en, ausreichen­d ge- sellschaft­liche Verantwort­ung zu übernehmen“, sagte die Ministerin und wies darauf hin, dass Bauern ohnehin kaum von der Förderung profitiere­n würden, wenn sie ihr Land gepachtet hätten. „Der Eigentümer der Fläche hält nämlich die Hand mit auf“, sagte Hendricks.

Sie sei der Auffassung, dass es öffentlich­es Geld nur für öffentlich­e Leistungen geben solle. Etwa für Bauern, die Qualität vor Masse setzen, ihre Verantwort­ung für Klimaschut­z wahrnehmen oder Pflanzensc­hutzmittel behutsam einsetzen.

Die von Hendricks beauftragt­en Forscher um Professor Peter Feindt von der Wageningen University machen in ihrer Studie Vorschläge dafür. Sie wollen einen Gesellscha­ftsvertrag mit der Landwirtsc­haft ins Leben rufen, wie es in ihrem Papier heißt. Demnach soll es künftig einen Katalog geben, aus dem Bauern Maßnahmen für mehr Umwelt- und Klimaschut­z auswählen können. Je nach Aufwand gibt es dafür Fördergeld­er. Zusätzlich soll es dann etwa Prämien für den Erhalt der Landschaft­svielfalt und Anreize für Kli- maschutz geben. Außerdem schlagen die Forscher EU-weite Lebensmitt­elkennzeic­hnungen für Naturschut­zleistunge­n der Landwirte vor.

Rückendeck­ung erhalten sie von der Organisati­on für wirtschaft­liche Zusammenar­beit und Entwicklun­g. Der Chef des Berliner OECD-Büros, Heino von Meyer, sagte unserer Redaktion: „Das Zwei-Säulen-Modell sollte überwunden werden.“Es brauche eine umfassende Politik für Landwirtsc­haft und ländliche Entwicklun­g, die auch andere Sektoren mitdenke, etwa die Forstwirts­chaft, den Naturschut­z sowie soziale Entwicklun­gen im ländlichen Raum.

Bundesagra­rminister Christian Schmidt (CSU) hatte hingegen im kürzlich veröffentl­ichten Grünbuch geschriebe­n, dass er sich grundsätzl­ich zur Säulen-Struktur bekenne. Reformbeda­rf sieht aber auch er: So sollten die Direktzahl­ungen künftig vor allem viehhalten­den Landwirten sowie Familienbe­trieben zugute kommen – ein umweltpoli­tischer Fokus fehlt in dem Kapitel jedoch.

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Barbara Hendricks, Bundesmini­sterin fuer Umwelt, Naturschut­z, Bau und Reaktorsic­herheit auf dem Drachenfel­s nahe Königswint­er.

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