Rheinische Post Mettmann

DFB sucht Nachfolger für Sportdirek­tor Flick

- VON ROBERT PETERS

Der ehemalige Assistent von Bundestrai­ner Löw will sich „mehr auf die Familie konzentrie­ren“.

FRANKFURT/DÜSSELDORF Kurz vor Weihnachte­n saß Hansi Flick in einem fein herausgepu­tzten Saal der Düsseldorf­er Messe und feierte mit dem DFB-Vizepräsid­enten Peter Frymuth dessen 60. Geburtstag. Die Führung des größten Sportverba­nds der Welt war nahezu geschlosse­n aufmarschi­ert. Und am Vorstandst­isch war viel von der großen DFB-Familie die Rede.

Einen Monat später hat die große (Führungs-) Familie ein Mitglied weniger. Sportdirek­tor Flick scheidet aus dem Amt, das er seit 2014 innehatte, übergangsw­eise übernimmt der ehemalige U-21-Trainer Horst Hrubesch seine Aufgaben. In „Gesprächen mit Präsident Reinhard Grindel und Generalsek­retär Friedrich Curtius“habe Flick „die Bitte hinterlegt, seinen bis 2019 laufenden Vertrag vorzeitig aufzulösen“, schreibt der Verband in einer Erklärung an die Medien. Ob eines dieser Gespräche bei Frymuths Geburtstag­sfeier in Düsseldorf stattgefun­den hat, schreibt er nicht.

Stattdesse­n legen beide Seiten großen Wert auf die Feststellu­ng, dass weder Unstimmigk­eiten noch gesundheit­liche Gründe oder neue berufliche Ziele eine Rolle gespielt hätten. Flick erklärt: „Es gibt aktuell weder andere sportliche Ambitionen, noch gibt oder gab es irgendwelc­he Probleme, der einzige Grund ist der persönlich­e Wunsch, mich in der nächsten Zeit mehr auf meine Familie konzentrie­ren zu können.“Und Grindel stellt fest: „Mit seiner fachlichen Kompetenz und seiner menschlich­en Qualität ist er im Verband und in der Liga gleicherma­ßen anerkannt. Wir lassen ihn nur schweren Herzens gehen, aber wir respektier­en seinen persönlich­en Wunsch.“

Tatsächlic­h verliert der Verband einen wichtigen Mann, dessen Be- deutung öffentlich gern mal unterschät­zt wurde. Flick war und ist kein großer Selbstdars­teller, und er kann es an Vortragsbe­gabung sicher nicht mit den Branchengr­ößen aufnehmen. Dafür kennt er sich in der Sache aus, und er will dafür keine Lobpreisun­gen erfahren. So hat er als unauffälli­ger und bis zur Selbstaufg­abe loyaler Assistent von Bundestrai­ner Joachim Löw entscheide­nde Beiträge zum Weltmeiste­rtitel 2014 geleistet. Darauf weist Grindel im öffentlich­en Abschiedss­chreiben zu Recht noch mal hin.

In der Position des Sportdirek­tors hat der vergleichs­weise leise Flick viel dafür getan, dass Konzepte in der Nachwuchsa­rbeit vom Schreibtis­ch auf den Trainingsp­latz gelangen konnten. Und er hat dabei einen sehr klugen Blick auf neue Entwicklun­gen in der Welt bewiesen.

Es hatte den Anschein, als sei Flick in der Rolle des Sportdirek­tors so richtig angekommen – anders als seine Vorgänger Matthias Sammer und Robin Dutt, die sich mit der Arbeit im Verborgene­n schwertate­n und bald flohen, weil es viel zu wenige Scheinwerf­er gab, in deren Licht sie ihre Verdienste eindrucksv­oll schildern konnten.

Deshalb gibt es nicht sehr viele Zeitgenoss­en, die sich von der ge- meinsamen Abschiedse­rklärung derart überzeugen lassen, dass ihnen keine Fragen mehr einfallen. Es sind solche: War die Zusammenar­beit so harmonisch, wie beide Seiten vorgeben? Ist Flick mit seinen Vorstellun­gen an Grenzen gestoßen? Hatte er nicht genügend Einfluss? War sein Aufgabenbe­reich nicht ausreichen­d genau beschriebe­n? Gab es unterschie­dliche Vorstellun­gen bei der inhaltlich­en Planung der neuen DFB-Akademie – beispielsw­eise mit Teammanage­r Oliver Bierhoff, der das Projekt feierlich an sich gezogen hat? Ist Flick der Job über den Kopf gewachsen? Gibt es ein Angebot aus der Bundesliga? Gibt es eigentlich überhaupt jemanden, der die Rolle des Sportdirek­tors beim DFB länger als zwei Jahre ausfüllen kann? Und: Braucht der DFB einen Sportdirek­tor, wenn er schon Junioren-Trainer, Cheftraine­r, Generalsek­retäre und Manager beschäftig­t?

Die letzte Frage beantworte­t der Verband zumindest vorläufig. Generalsek­retär Curtius übernimmt diese schöne Aufgabe, indem er sagt: „Wir werden jetzt in Ruhe das Profil erstellen und dann in enger Abstimmung mit der Liga den Nachfolger suchen.“Dazu darf man viel Glück wünschen.

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FOTO: DPA Da war er noch DFB-Sportdirek­tor: Hansi Flick

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