Rheinische Post Mettmann

Fatale Vorsätze

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Warum schaffen es Menschen nicht, ihre Pläne in die Tat umzusetzen? Psychother­apeuten kennen die Antwort: Sie scheuen sich vor der Umsetzung.

Unser Leser Tobias W. aus Moers (40) fragt: „Ich bin eigentlich glücklich verheirate­t, und wir haben zwei kleine Kinder. Dennoch habe ich seit drei Jahren heimlich eine Freundin. Seit zwei Jahren nehme ich mir immer zu Silvester vor, diese Freundin endlich zu verlassen, weil ich meine Ehe nicht aufs Spiel setzen will. Doch wie jedes Jahr habe ich es bis jetzt auch wieder nicht geschafft, mit der Anderen Schluss zu machen. Woran kann das liegen, und wie schaffe ich das?“ Claudia Sies Es ist die Frage, ob Sie auf dieses Beruhigung­smittel der guten Vorsätze endlich verzichten können und Ihr Leben selbst in die Hand nehmen. Denn die meisten Menschen ruhen sich auf Vorsätzen nur aus, um den alten Trott noch ein bisschen weitermach­en zu können. Aber die Belohnung können sie immer schon heute einstreich­en, weil sie sich schon besser fühlen, wenn sie sich nur etwas vornehmen.

Selbst der ehrlichere Ehemann, der seiner Frau von seiner Freundin erzählt und ihr verspricht: „Ich werde sie im neuen Jahr verlassen, ich brauche nur noch ein wenig Zeit“, gehört in diese Kategorie der reinen Absichtser­klärer. Denn mit dieser „Zeit“kann er die Sache ja noch etwas verschiebe­n. Bis dann die nächste Absichtser­klärung folgt.

So ist das auch mit den Vorsätzen, im neuen Jahr endlich mit dem Rauchen aufzuhören, weniger zu trinken, mehr Sport zu treiben oder abzunehmen. Schon das Sprichwort „Der Weg zur Hölle ist mit guten Vorsätzen gepflaster­t“weiß um diese fatale Dynamik. Denn sie alle werden auch im nächsten Jahr ihre Vorsätze wieder nicht erfüllen oder schnell nachlassen mit den Bemühungen. Aber warum ist das so? Und wie soll man sich dann verbessern, wenn nicht mit guten Vorsätzen?

Die Antwort ist eigentlich verblüffen­d einfach. Denn Vorsätze sind Vorsätze und keine Taten. Vorsätze sind immer in die Zukunft gerichtet, aber um etwas zu ändern, müssen wir da beginnen, wo wir gerade jetzt sind. Mit Plänen lebt man eigentlich

Man sollte an allen Fronten für Klärung sorgen, und zwar sofort und ohne jede Verzögerun­g

gegen sich selbst. Anstatt sofort keine Zigarette mehr anzuzünden oder hier und jetzt das dritte Glas Wein eben nicht mehr zu bestellen, macht man Pläne für die Zukunft.

Das Zauberwort lautet: sofort! Das gilt auch für das Verlassen Ihrer Freundin, die ja im guten Glauben an die gemeinsame Liebe bei Ihnen bleibt und damit ihre Zeit ja an Sie auch vergeudet. Wenn Sie ihre Beziehunge­n in Ordnung bringen wollen, gilt es, an allen Fronten Klarheit zu schaffen. Und zwar ohne weiteren Aufschub. Denn je länger Sie die Trennung von der Geliebten verzögern, desto größer wird die Gefahr, dass Ihre Frau nicht mehr darüber hinwegsehe­n kann und will und sich ihrerseits von Ihnen trennt.

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