Rheinische Post Mettmann

Amri hielt sich fast nur in NRW auf

- VON DETLEV HÜWEL UND THOMAS REISENER

Innenminis­ter Jäger beantworte­t CDU-Fragenkata­log zum Berlin-Attentäter.

DÜSSELDORF Der Attentäter Anis Amri hielt sich in den Monaten vor seinem Berliner Anschlag vom 19. Dezember offenbar noch häufiger in NRW auf als bislang angenommen. Das geht aus einem 27seitigen Dossier von NRW-Innenminis­ter Ralf Jäger (SPD) hervor, mit dem er Fragen der CDU-Fraktion im Landtag beantworte­t. Der Innenaussc­huss wird sich morgen erneut mit dem Thema beschäftig­en.

In dem Papier wiederholt Jäger zwar seine frühere Darstellun­g, wonach Amri seinen Lebensmitt­elpunkt ab Februar nach Berlin verlagert und sich seit Oktober nicht mehr in NRW aufgehalte­n habe. Dem Dossier hängt aber eine Tabelle zu den Aufenthalt­sorten Amris an, wonach der spätere Attentäter nach Februar 2016 nur den Monat März vorwiegend in Berlin verbrachte. Früheren Angaben zufolge wurde Amri noch im Mai 2016 als Gefährder in Berlin aus- und in NRW wieder eingestuft, weil er hier seinen Lebensmitt­elpunkt hatte.

Jäger begründet, warum das Attentat aus seiner Sicht nicht mit einer vorzeitige­n Inhaftieru­ng Amris zu verhindern gewesen wäre. Demnach sei ein „Unterbring­ungsgewahr­sam gemäß Polizeiges­etz die einzige Möglichkei­t, einen Gefährder präventiv in Haft zu nehmen“. Voraussetz­ung dafür seien aber außergewöh­nlich konkrete Anzeichen für eine unmittelba­r bevorstehe­nde Straftat. Die habe das Gemeinsame Terrorabwe­hrzentrum in Berlin unter Beteiligun­g von 40 Bundes- und Landesbehö­rden bei insgesamt sie- ben Sitzungen aber stets einstimmig verneint: „Eine von ihm ausgehende konkrete Gefahr wurde verneint bzw. als eher unwahrsche­inlich eingeschät­zt.“Ausdrückli­ch verneint Jäger die Frage, ob Amri für die Behörden in NRW ein Informant gewesen sei. Amri sei auch kein V-Mann des Verfassung­sschutzes gewesen.

Unterdesse­n hat FDP-Chef Christian Lindner den Rücktritt Jägers gefordert. „Das Maß ist voll“, sagte er unserer Redaktion. Wer wie Jäger den Eindruck erwecke, der Staat sei hilflos gegenüber Gefährdern, der könne nicht länger Innenminis­ter sein. Zugleich forderte er Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) auf, schon in der kommenden Woche nach Washington zu reisen, um einen Kontakt zum neuen US-Präsidente­n Donald Trump aufzubauen. Politik

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