Winterschlussverkauf in der Bundesliga
Inoffizieller Transfermeister ist der VfL Wolfsburg. Er gab 35 Millionen Euro aus.
DÜSSELDORF Es war schon mal mehr los auf dem winterlichen FußballTransfermarkt. Aber offenkundig hat sich die Einsicht durchgesetzt, dass panische Nachkäufe nicht dringend zum Erfolg führen. Borussia Mönchengladbachs neuer Trainer Dieter Hecking sagt stellvertretend für die Kollegen Funktionäre in den Bundesliga-Klubs: „Ich halte nicht viel von Winter-Transfers.“
Einen konnte er allerdings auch nicht verhindern, denn der wurde vor seinem Amtsantritt eingefädelt. Für eine Ablösesumme von 7,5 Millionen Euro wechselte Verteidiger Thimothée Kolodziejczak von Sevilla an den Niederrhein. Er soll (Achtung: Schlüsselwort) „für mehr Stabilität sorgen“, wie die Gladbacher in diesen Tagen so gern sagen. Dass die schön abgeschmierte Borussia Stabilität braucht, ist nicht zu bestreiten. Ob der Mann, den sie der Einfachheit halber „Kolo“nennen, schnell dazu beitragen kann, ist eine andere Frage. Er kam mit nicht allzu viel Spielpraxis, und er kam in eine rundherum unsichere Abwehr.
Abwehrsorgen trieben auch den Hamburger SV in den Winterschlussverkauf. Der wieder mal im Abstiegskampf gelandete Großmeister der 1980er Jahre holte die Innenverteidiger Kirjakos Papadopoulos (Leverkusen) und Mergim Mavraj (Köln). Das ist eine gute Idee, weil viele Spielzeiten lang allein Offensivkünstler im Dutzend verpflichtet wurden, während die Verteidigung schmählich vernachlässigt wurde. Sollte sich in Hamburg Realitätssinn breit gemacht haben? Es wäre die Nachricht des Winters.
Schalke 04 reagierte auf eine stattliche Verletztenliste und verpflichtete den Nürnberger Stürmer Guido Burgstaller und den Münchner Ver- teidiger Holger Badstuber. Wenn beide gesund bleiben, werden sie den Gelsenkirchenern helfen, zumindest in die Nähe der ursprünglichen Saisonziele zu gelangen. Vor allem Badstubers ewig lange Krankheitsgeschichte nährt daran Zweifel. Der ehemalige Nationalspieler ist trotzdem der prominenteste Name auf dem WinterwechselMarkt.
Wer dagegen die Namen der neuen Jungs beim VfL Wolfsburg unfallfrei aufsagen kann, der darf sich für eine Experten-Show im Fernsehen anmelden. Geläufig ist den meisten der nun ehemalige Mainzer Yunus Malli (24). Aber bei Riechedly Bazoer (20/Ajax Amsterdam) und PaulGeorges Ntep (24/Stade Rennes) ist das einschlägige Nachschlagewerk im Internet wirklich hilfreich. Trotz- dem hat Wolfsburg am tiefsten in die Kasse gegriffen. 35 Millionen Euro machte der VW-Werksklub locker, zehn für Malli und Ntep, 15 für Bazoer. Dazu musste der inoffizielle deutsche Transfermeister der Winterferien nicht mal die Kleingeldabteilung im Konzern anzapfen, denn Julian Draxler war zuvor dankbar für 40 Millionen Euro zu Paris St. Germain abgeschoben worden. Die drei Neuen stehen für ein neues Denken beim Pokalsieger von 2015. Es wird nicht mehr am glitzernden Himmel der Stars gejagt, nun sollen hochtalentierte Spieler erst zu Stars gemacht werden. Ein interessanter Versuch.
Mit Stars haben sie es bei Darmstadt 98 nicht so. Die würden sich in den vergleichsweise baufälligen Kabinen und in einem Stadion mit dem Charme der 1970er Jahre eher am falschen Platz fühlen. Dennoch hat der geborene Abstiegskandidat sein Team der Kämpfer und Grätscher um einen einstigen Himmelsstürmer ergänzt. Von Schalke 04 wurde Sidney Sam für eine Leihgebühr von einer halben Million Euro ans Böllenfalltor gelockt. Sam hat immerhin mal für die A-Nationalmannschaft gespielt, und er hielt sich selbst für eine große Hoffnung. Probleme mit der Gesundheit und Probleme mit seiner Einstellung zum Berufssport ließen ihn allerdings auf Schalke scheitern. Für beide Parteien in Darmstadt bietet der Wechsel eine Chance: Sam kann beweisen, dass er doch so gut ist, wie so viele mal glaubten. Und Darmstadt kann mit seiner Hilfe weg vom Tabellenende kommen. Zu wahrscheinlich ist beides nicht.