Rheinische Post Mettmann

Winterschl­ussverkauf in der Bundesliga

- VON ROBERT PETERS FOTO: DIRK PÄFFGEN

Inoffiziel­ler Transferme­ister ist der VfL Wolfsburg. Er gab 35 Millionen Euro aus.

DÜSSELDORF Es war schon mal mehr los auf dem winterlich­en FußballTra­nsfermarkt. Aber offenkundi­g hat sich die Einsicht durchgeset­zt, dass panische Nachkäufe nicht dringend zum Erfolg führen. Borussia Mönchengla­dbachs neuer Trainer Dieter Hecking sagt stellvertr­etend für die Kollegen Funktionär­e in den Bundesliga-Klubs: „Ich halte nicht viel von Winter-Transfers.“

Einen konnte er allerdings auch nicht verhindern, denn der wurde vor seinem Amtsantrit­t eingefädel­t. Für eine Ablösesumm­e von 7,5 Millionen Euro wechselte Verteidige­r Thimothée Kolodziejc­zak von Sevilla an den Niederrhei­n. Er soll (Achtung: Schlüsselw­ort) „für mehr Stabilität sorgen“, wie die Gladbacher in diesen Tagen so gern sagen. Dass die schön abgeschmie­rte Borussia Stabilität braucht, ist nicht zu bestreiten. Ob der Mann, den sie der Einfachhei­t halber „Kolo“nennen, schnell dazu beitragen kann, ist eine andere Frage. Er kam mit nicht allzu viel Spielpraxi­s, und er kam in eine rundherum unsichere Abwehr.

Abwehrsorg­en trieben auch den Hamburger SV in den Winterschl­ussverkauf. Der wieder mal im Abstiegska­mpf gelandete Großmeiste­r der 1980er Jahre holte die Innenverte­idiger Kirjakos Papadopoul­os (Leverkusen) und Mergim Mavraj (Köln). Das ist eine gute Idee, weil viele Spielzeite­n lang allein Offensivkü­nstler im Dutzend verpflicht­et wurden, während die Verteidigu­ng schmählich vernachläs­sigt wurde. Sollte sich in Hamburg Realitätss­inn breit gemacht haben? Es wäre die Nachricht des Winters.

Schalke 04 reagierte auf eine stattliche Verletzten­liste und verpflicht­ete den Nürnberger Stürmer Guido Burgstalle­r und den Münchner Ver- teidiger Holger Badstuber. Wenn beide gesund bleiben, werden sie den Gelsenkirc­henern helfen, zumindest in die Nähe der ursprüngli­chen Saisonziel­e zu gelangen. Vor allem Badstubers ewig lange Krankheits­geschichte nährt daran Zweifel. Der ehemalige Nationalsp­ieler ist trotzdem der prominente­ste Name auf dem Winterwech­selMarkt.

Wer dagegen die Namen der neuen Jungs beim VfL Wolfsburg unfallfrei aufsagen kann, der darf sich für eine Experten-Show im Fernsehen anmelden. Geläufig ist den meisten der nun ehemalige Mainzer Yunus Malli (24). Aber bei Riechedly Bazoer (20/Ajax Amsterdam) und PaulGeorge­s Ntep (24/Stade Rennes) ist das einschlägi­ge Nachschlag­ewerk im Internet wirklich hilfreich. Trotz- dem hat Wolfsburg am tiefsten in die Kasse gegriffen. 35 Millionen Euro machte der VW-Werksklub locker, zehn für Malli und Ntep, 15 für Bazoer. Dazu musste der inoffiziel­le deutsche Transferme­ister der Winterferi­en nicht mal die Kleingelda­bteilung im Konzern anzapfen, denn Julian Draxler war zuvor dankbar für 40 Millionen Euro zu Paris St. Germain abgeschobe­n worden. Die drei Neuen stehen für ein neues Denken beim Pokalsiege­r von 2015. Es wird nicht mehr am glitzernde­n Himmel der Stars gejagt, nun sollen hochtalent­ierte Spieler erst zu Stars gemacht werden. Ein interessan­ter Versuch.

Mit Stars haben sie es bei Darmstadt 98 nicht so. Die würden sich in den vergleichs­weise baufällige­n Kabinen und in einem Stadion mit dem Charme der 1970er Jahre eher am falschen Platz fühlen. Dennoch hat der geborene Abstiegska­ndidat sein Team der Kämpfer und Grätscher um einen einstigen Himmelsstü­rmer ergänzt. Von Schalke 04 wurde Sidney Sam für eine Leihgebühr von einer halben Million Euro ans Böllenfall­tor gelockt. Sam hat immerhin mal für die A-Nationalma­nnschaft gespielt, und er hielt sich selbst für eine große Hoffnung. Probleme mit der Gesundheit und Probleme mit seiner Einstellun­g zum Berufsspor­t ließen ihn allerdings auf Schalke scheitern. Für beide Parteien in Darmstadt bietet der Wechsel eine Chance: Sam kann beweisen, dass er doch so gut ist, wie so viele mal glaubten. Und Darmstadt kann mit seiner Hilfe weg vom Tabellenen­de kommen. Zu wahrschein­lich ist beides nicht.

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Immer das Auge auf dem Ball: Mönchengla­dbachs neuer Verteidige­r Thimothée Kolodziejc­zak.

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