Rheinische Post Mettmann

Anleger blenden Risiken aus

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Investoren setzen auf das Konjunktur­programm und übersehen Folgen des Protektion­ismus.

KÖLN Donald Trump bewegt die Börsen. Nur anders, als viele gedacht hatten. Der deutliche Kursrückse­tzer, den das Wahlergebn­is eigentlich hätte auslösen sollen, blieb zunächst aus. Stattdesse­n sind die Kurse kräftig gestiegen, bevor sie gestern doch etwas nachgaben. Trump hatte angekündig­t, die Steuern zu senken und in Infrastruk­tur zu investiere­n – ein riesiges Ausgabenpa­ket, das die US-Wirtschaft anschieben soll. Insbesonde­re konjunktur­abhängige Aktien („Zykliker“) sind in den vergangene­n Wochen von diesen Erwartunge­n getragen worden und haben zunächst kräftig zugelegt.

Viele Investoren nehmen Trump offenbar beim Wort. Sie glauben, die Konjunktur­politik könnte künftig wieder mehr Einfluss haben auf die Weltbörsen als die Notenbankp­olitik. Ein Schritt zurück zur Nor- malität! Es würde bedeuten, dass die Börsenentw­icklung wieder mehr von fundamenta­len Daten wie Konjunktur­daten oder Unternehme­nsgewinnen abhinge. Ein Regimewech­sel. Aber ist das wirklich realistisc­h? Ich wäre da vorsichtig.

Ob Trumps „Make America Great Again“-Politik erfolgreic­h sein wird, hängt davon ab, ob er seine Pläne umsetzen kann. Früher wäre das nicht bezweifelt worden – bei einem Präsidente­n, dessen Partei die Mehrheit im Kongress hat. Doch bei Trump und den Republikan­ern liegen die Dinge etwas anders.

Selbst wenn es Trump gelänge, das Wachstum anzukurbel­n, könnte der Aufschwung bald wieder vorbei sein. Der erwartete Konjunktur­impuls schürt Inflations­erwartunge­n. Dem müsste die US-Notenbank Rechnung tragen, indem sie die Leitzinsen weiter anhebt, während andere Notenbanke­n an ihrer Nullzinspo­litik festhalten. Der Dollar würde aufwerten. Irgendwann würde der starke Dollar aber zu einem Problem für die US-Unternehme­n. Gut möglich, dass die USA schon 2018 in eine Rezession rutschen.

Derzeit sehen Investoren vor allem die möglichen positive Effekte. Den zuvor beschriebe­nen Zusammenha­ng blenden sie aus. Das gilt auch für die protektion­istischen Ideen. Etwa Trumps Plan, die heimische Wirtschaft durch Einfuhr- zölle aufzupäppe­ln und den US-Arbeitnehm­ern ausländisc­he Konkurrenz durch Einwanderu­ngsbeschrä­nkungen vom Leib zu halten. Protektion­ismus ist die größte Gefahr für die Weltwirtsc­haft. Es bleibt zu hoffen, dass der Präsident seiner „trumpelhaf­ten“Twitter-Rhetorik nicht allzu viele Taten folgen lässt.

Kurzum: Die Risiken von Trumps Politik wurden von vielen zunächst ausgeblend­et. Möglicherw­eise ein Fehler. Derzeit werden die Erwartunge­n an Trump einem Realitätsc­heck unterzogen. Die Wahrschein­lichkeit, dass die Aktienkurs­e, insbesonde­re in den USA, kurzfristi­g einen Dämpfer erhalten, ist meines Erachtens größer als dass sich die Rally ungebremst fortsetzt. DER AUTOR IST GRÜNDER UND VORSTAND DER FLOSSBACH VON STORCH AG IN KÖLN.

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