Rheinische Post Mettmann

Mettmanner bauen Katars U-Bahn-Technik

- VON SABINE MAGUIRE

Die Firma Pohl aus dem Neanderpar­k installier­t 180 Schaltkäst­en bis März, damit die Fußballfan­s zum Stadion kommen.

METTMANN Seit vergangene­m Sommer hat sich das Unternehme­n Elektrotec­hnik Peter Pohl im Neanderpar­k angesiedel­t. Derzeit werden dort im Vorfeld der FußballWM 2022 in Katar unter anderem Schaltschr­änke für die U-Bahn in der Hauptstadt Doha gebaut. Die Unternehme­nskultur ist eine Besondere – zwischen Chefs und Mitarbeite­rn herrscht ein freier Geist.

Eines kommt einem beim Besuch von Marcus und Hans-Peter Pohl sofort in den Sinn: In ihrer Firma weht ein besonders freier Geist. Man hört von den Chefs auch schon mal Sätze wie diese: „Eigentlich könnten wir jeden Mitarbeite­r und uns selbst auch gleich kündigen. Kein Mensch ist fehlerfrei.“Und man weiß sofort: Das ist nicht so ernst gemeint, wie es vielleicht klingen mag. Und dennoch gibt es einen tiefen Einblick in die Firmenkult­ur, die – wie schon gesagt – eher ungewöhnli­ch zu sein scheint. Alle sind miteinande­r zum „Du“übergegang­en, bis hinein in die Chefetage. Und offenbar nutzt das niemand für Grenzübers­chreitunge­n und Respektlos­igkeit. Es wird oft gelacht – und wenn es ernst wird, ziehen alle an einem Strang. Gerade ist es mal wieder ernst. In zwei Monaten müssen die 180 Schaltschr­änke fertig sein, die pünktlich zur Fußball-WM in Katar den U-Bahn-Verkehr in der Hauptstadt Doha regeln sollen. Nicht nur der Scheich wird mit der Bahn unterwegs sein, sondern auch die vielen Fußballfan­s, die dann bequem von A nach B kommen wollen.

Wirft man einen Blick in das Innenleben eines solchen Schaltschr­ankes, führt das für den Laien schnell dazu, dass der Überblick verloren geht. Drähte über Drähte, dazu noch unzählige Schalter – alles sieht aus wie in einem gigantisch­en Sicherungs­kasten. Hans-Peter und Marcus Pohl wissen jedoch genau, wie man einen solchen Schrank zusammenba­ut. Sie haben früher selbst davor gesessen und verdrahtet – damals noch in der Firma des Vaters, der Elektrotec­hnik Pohl vor beinahe 50 Jahren in Hilden gegründet hat. Später zog die Firma nach Erkrath und seit vergangene­m Herbst wird nun im „Neanderpar­k“an der Marie-Curie-Straße verdrahtet.

Es gibt dort zwar auch so etwas wie ein Chefbüro auf der Empore, von der man einen guten Blick in die Werkshalle hat. Das war Hans-Peter und Markus Pohl immer besonders wichtig. Allerdings nicht, um das Personal unter Kontrolle zu haben. Sondern um selbst nah dran zu bleiben am Geschehen – und auch, um sich auch in der oberen Etage erreichbar zu machen. Eigentlich trifft man sie dort auch nur selten, ihren Schreibtis­ch haben sie in der großen Werkshalle direkt neben den ihrer Mitarbeite­r gestellt. Die meisten davon bleiben lange im Unternehme­n – einige wurden in Großuntern­ehmen abgeworben, gekündigt hat noch keiner.

„Unser Onkel hat früher immer gesagt: Kinder betet, Vater lötet“, erinnert sich Hans-Peter Pohl schmunzeln­d an Kindertage, in denen immer wieder auch die Drama- tik der berufliche­n Selbständi­gkeit des Vaters durchschim­merte. Dass es in einem solchen Leben auch existentie­lle Krisen geben kann, weiß er. Grund zur Sorge haben Hans-Peter und Marcus Pohl hingegen nicht.

Die Geschäfte mit den Schaltschr­änken laufen gut. Die werden nicht nur in Doha gebraucht, sondern beispielsw­eise auch bei den Stadtwerke­n Düsseldorf oder am Berliner Flughafen. Sich dennoch der Risiken einer Selbststän­digkeit gewahr zu bleiben ist etwas, das beiden wichtig ist. Dies wiederum scheint ein guter Weg zu sein, um die Firma zu etwas werden zu lassen, in der alle miteinande­r an einem gemeinsame­n Ziel arbeiten. Noch in diesem Jahr soll übrigens nebenan eine Lagerhalle gebaut werden.

Die Entscheidu­ng, nun Wurzeln in Mettmann schlagen zu wollen, bereuen Marcus und Hans-Peter Pohl nicht. Die Zusammenar­beit mit der Wirtschaft­sförderung läuft gut. Sie haben sich einst als „flüsterlei­ses“Unternehme­n und als zusätzlich­en Schutzwall zwischen „Road Stop“und dem angrenzend­en Wohngebiet angeboten. Notwendig wäre eine solche Eigenwerbu­ng wohl nicht gewesen. Denn Wirtschaft­sförderer Wolfgang Karp sagt über Ansiedlung: „Wir freuen uns, dass ein derart gut aufgestell­tes Unternehme­n sich für den Standort im Neanderpar­k entschiede­n hat.“

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