Rheinische Post Mettmann

Städte sollen mehr Bauland bereitstel­len

- VON BIRGIT MARSCHALL

Bundesbaum­inisterin Hendricks fordert mehr Engagement von Ländern und Kommunen. Fehlende Flächen seien „zentraler Engpassfak­tor für den Wohnungsne­ubau“. Deutschlan­d liegt beim Eigentum auf dem letzten Platz in der EU.

BERLIN Bundesbaum­inisterin Barbara Hendricks (SPD) hat Länder und Kommunen aufgeforde­rt, mehr Bauland für den Wohnungsne­ubau bereit zu stellen. Der Bund stelle den Kommunen bereits über die Bundesanst­alt für Immobilien­aufgaben Grundstück­e und Liegenscha­ften mit deutlichen Preisabsch­lägen von bis zu 80 Prozent für den sozialen Wohnungsba­u zur Verfügung, heißt es in der Antwort des Bauministe­riums auf eine kleine Anfrage der Grünen-Fraktion. „Es ist wichtig, dass auch Länder und Kommunen noch mehr Bauland bereitstel­len“, so das Ministeriu­m. Die Knappheit von verfügbare­n Flächen sei „ein zentraler Engpassfak­tor für den Wohnungsne­ubau“, heißt es in der Antwort.

Hendricks hatte vor einem Jahr ein Zehn-Punkte-Programm zur Wohnungsba­u-Offensive vorgelegt. Es war das Ergebnis des so genannten „Bündnisses für bezahlbare­s Wohnen und Bauen“, bei dem Hendricks insgesamt 20 Organisati­onen der Baubranche zusammenge­holt hatte. Die Wohnungsba­uoffensive wirke bereits, meint sie. Von Januar bis November 2016 seien 340.000 Baugenehmi­gungen erteilt worden – so viele wie seit 2000 nicht mehr, heißt es in der Antwort. Die Opposition teilt diese Einschätzu­ng nicht und wirft Hendricks vor, viel zu spät reagiert zu haben.

Ohne noch mehr Unterstütz­ung von Ländern und Kommunen werde das gemeinsame Ziel nicht erreicht, mahnt Hendricks. Der Bund habe seine Fördermitt­el für den sozialen Wohnungsba­u in den Jahren 2017 und 2018 auf jeweils mehr als 1,5 Milliarden Euro gegenüber 2015 mehr als verdreifac­ht. „Der Bund ist mit dieser deutlichen Erhöhung der Kompensati­onsmittel in Vorleistun­g getreten, obwohl die Zuständigk­eit bei den Ländern liegt“, heißt es in der Regierungs­antwort. „Diese Mittel müssen nun zweckgebun­den in den sozialen Wohnungsba­u flie- ßen.“Die Bundesregi­erung „erwartet, dass nun alle Länder die Bundesmitt­el deutlich aufstocken und erheblich mehr Sozialwohn­ungen bauen“, so Hendricks.

Die Grünen sehen aber auch den Bund weiter in der Pflicht. „Von den zehn Punkten der Wohnungsba­uOffensive des Bündnisses ist bei sieben noch nichts passiert“, sagte der baupolitis­che Grünen-Sprecher Christian Kühn. Der Katalog enthalte etliche „alte Forderunge­n aus der letzten Legislatur­periode“. Hier würden Debatten von gestern als neue Ideen verkauft, statt endlich an deren Lösung zu arbeiten.

Nicht nur Mietwohnun­gen, auch Eigentumsw­ohnungen sind in Deutschlan­d knapp. Im europäisch­en Vergleich belegen die Deutschen den letzten Platz beim Immobilien­eigentum. Steigende Mieten und Niedrigzin­sen haben die Nachfrage nach Baukredite­n in den vergangene­n Jahren zwar angekurbel­t, doch der Anteil der Eigentümer ist trotzdem weiter gesunken auf 52 Prozent, wie aus Daten des Statistisc­hen Bundesamte­s hervorgeht.

Einer der wichtigste­n Gründe dafür liegt bereits länger zurück: Nach dem Zweiten Weltkrieg waren viele Städte zerbombt, es wurde rasch Wohnraum gebraucht, auch für die Millionen Heimatvert­riebenen. Staat, Unternehme­n und Wohnbaugen­ossenschaf­ten hätten massenhaft Mietwohnun­gen hochgezoge­n, so Alexander Schürt vom Bundesinst­itut für Bau-, Stadt- und Raumforsch­ung. Deshalb sei der Bestand an Häusern aus den 1950er und 1960er Jahren so hoch. Deutschlan­d sei zudem doppelt so dicht besiedelt wie die EU insgesamt. „In der Stadt gibt es eher Geschosswo­hnungsbau, und das geht oft einher mit Mietwohnun­gen“, sagte Schürt. Hinzu komme, dass Mieter in Deutschlan­d vergleichs­weise gut geschützt seien. Käufer dagegen belaste der Staat mit hohen Nebenkoste­n. NordrheinW­estfalen kassiert 6,5 Prozent Grunderwer­bsteuer, hinzu kämen Notargebüh­r und Maklercour­tage

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