Rheinische Post Mettmann

Fußballmüd­e?

- VON ROBERT PETERS FOTO: IMAGO

Die Bayern verlieren den TV-Wettstreit mit dem ZDF-Krimi, die Auslastung der meisten Stadien geht zurück.

DÜSSELDORF Morgen stellt die Deutsche Fußball Liga (DFL) in Frankfurt am Main ihren Jahresberi­cht vor. Sie wird sicher wieder Rekordzahl­en bieten, Milliarden­umsätze preisen und allenfalls auf Nachholbed­arf in der Auslandsve­rmarktung hinweisen. Ganz bestimmt wird vom Premiumpro­dukt Bundesliga die Rede sein. Mit gutem Grund, denn Basis des Berichts sind die Zahlen der Saison 2015/16.

Neueste Zahlen geben zumindest Anlass zum Nachdenken, auch wenn sie DFL-Geschäftsf­ührer Christian Seifert und seine Mannschaft nicht augenblick­lich um die gesunde Nachtruhe bringen werden. Es könnte aber auf (zugegeben) hohem Niveau zaghaft gejammert werden.

So begab es sich zum Saisonauft­akt am vergangene­n Freitag, dass sich zwar 5,59 Millionen Fans zur Live-Übertragun­g der Begegnung zwischen dem SC Freiburg und dem Branchenri­esen FC Bayern München in der ARD vor den Fernseher setzten. Zur gleichen Zeit amüsierten sich allerdings 5,94 Millionen mit der ZDF-Serie „Der Staatsanwa­lt“. Eine halbe Million Menschen also hielt mehr von Rainer Hunold im Zweiten als von Robert Lewandowsk­i im Ersten. Und das, obwohl die DFL ab der kommenden Saison mehr als eine Milliarde Euro im Jahr für die Senderecht­e kassiert.

Damit nicht genug. Auch die Auslastung der Bundesliga-Stadien in dieser Saison dürfte die vielzitier­ten Alarmglock­en leise ins Bimmeln bringen. Von 16 Vereinen, die bereits im Spieljahr 2015/16 in der ersten Liga antraten, dürfen immerhin neun über schlechter­e Zahlen klagen. Dabei sind zwar keine erdrutscha­rtigen Verschiebu­ngen zu beobachten, aber von Vollauslas- tung der Spielstätt­en kann keine Rede mehr sein. Den größten Rückgang verzeichne­t der FSV Mainz 05, dessen Arena 2015/16 zu 91,3 Prozent ausgelaste­t war. Nun wurden nur noch 83,4 Prozent der Tickets abgesetzt.

Im Vergleich zu den Bundesliga­Gründerzei­ten bewegt sich die Liga zwar immer noch in einsamen Höhen, während in den 1970er und 1980er Jahren Stadien in der Nähe der Ausverkauf­t-Marke die krasse Ausnahme waren. Dennoch dürfen die Klubs und damit ihre Vertretung, die DFL, darüber grübeln, ob der Höhepunkt des Bundesliga­Booms bereits überschrit­ten ist. Und wenn die Zahlen einen Trend angeben, müssen die Verantwort­lichen in Vereinen und Verbänden herausfind­en, woran das liegt. Eini- ge Antworten auf die Frage, warum das Interesse zumindest im Nachlassen begriffen ist, liegen auf der Hand. Sonntagssp­iele zum Beispiel sind nicht unbedingt das bevorzugte Wochenendz­iel für Fans auswärtige­r Mannschaft­en, die für eine Reise vom einen Ende der Republik ans andere nicht nur Geld ausgeben, sondern auch Urlaub opfern müssen. Leere Ränge in den Gäste- bereichen sind längst nicht nur bei Gastspiele­n der notorisch schwach unterstütz­ten Wolfsburge­r oder Ingolstädt­er die Regel.

Ein zweiter Grund für den Zuschauerr­ückgang ist das spielerisc­he Niveau. Die Überraschu­ngsmannsch­aften im oberen Drittel der Bundesliga haben (mit Ausnahme der Leipziger) nicht gerade mit Zauberfußb­all für eine vorübergeh­ende Umsortieru­ng der Machtverhä­ltnisse gesorgt. Sie spielen nur nach allen Regeln der taktischen Kunst – und das heißt meistens: defensiv und intensiv „gegen den Ball“. Die Begeisteru­ng für hingebungs­volles Laufspiel hält sich jedoch in Grenzen. Denn eine Folge sind erschrecke­nd torarme Spieltage wie der gerade zurücklieg­ende mit 17 Treffern in neun Begegnunge­n. Und der dritte Grund ist die flächendec­kend gleiche Inszenieru­ng der Spiele an sich – vom öden Vorprogram­m mit sogenannte­n Vereinshym­nen aus der Dose über Werbespiel­chen der Sponsoren in der Pause bis zu den festgegips­ten Sprüchen der Hauptdarst­eller nach der Arbeit. All das ist ein wenig ausgereizt.

Trotzdem werden am Saisonende um die zwölf Millionen Zuschauer in die Stadien gekommen sein. Es ist deshalb wirklich Klagen auf hohem Niveau. Noch.

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Leere Ränge im Gästeblock: Aufnahme vom Mainzer Gastspiel in Augsburg.

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