Der Schulz-Effekt hat keine Gewähr
ber Jahre kannte die SPD nur eine Richtung in den Umfragen: abwärts. Für das unwägbare Wahljahr 2017 ist es ein erfreuliches Vorzeichen, dass der Trend gestoppt ist. Mit Schulz besteht die Chance, dass Union und SPD einen Bundestagswahlkampf auf Augenhöhe führen. Das ist zu begrüßen, weil bislang eine Auseinandersetzung der etablierten Parteien gegen die AfD drohte. Davon hätten nur die Rechtspopulisten profitiert. Nun schicken sich die Volksparteien an, selbst wieder einander als Alternativen zu begegnen. Gut so.
Doch eine Schwalbe macht noch keinen Sommer und ein Schulz noch keine Kanzlerpartei. Die Evergreens von sozialer Gerechtigkeit und Aufstiegsversprechen reichen nicht aus, das Profil der SPD attraktiv werden zu lassen. Zumal der Wahlkampf in weiten Teilen von der Debatte um die innere Sicherheit und die Zukunft der Flüchtlingspolitik bestimmt sein wird. Als Politiker für innen- und sozialpolitische Fragen ist Schulz noch nicht ausgeleuchtet. Wenn es ihm nicht schnell gelingt, in die Jacke des Bundespolitikers zu schlüpfen, könnte der SchulzEffekt für die SPD genauso schnell wieder verschwinden, wie er sich eingestellt hat – über Nacht. BERICHT SCHULZ SOLL IN NRW „EINHEIZEN“, TITELSEITE
Worüber debattiert dieser Landtag da eigentlich? Es ist doch völlig egal, ob der Begriff „No-Go-Areas“rechtsfreie Räume meint oder nur Angsträume, in denen niemand wohnen will. Klar ist: Die Bürger wollen beides nicht.
Der Staat muss nicht nur objektive Sicherheit gewährleisten, die der NRW-Innenminister gerne mit Statistiken über rückläufige Kriminalität zu belegen versucht. Auch die gefühlte Sicherheit muss gewährleistet sein. Man muss überall im Land leben können, ohne sich bedroht zu fühlen. Wer Sicherheit so begreift, muss auch nicht mehr über Begriffe streiten.
Klar ist aber auch: Die Polizei allein kann es nicht richten. Unsere Gesellschaft zerfällt in immer größere Einkommensunterschiede, immer mehr Ethnien, Lebensentwürfe und Weltanschauungen. Der viel beschworene „gesellschaftliche Konsens“ist kaum noch sichtbar. Die neue Unsicherheit ist auch ein Ergebnis dieser Atomisierung. Wir brauchen nicht nur mehr Polizei. Wir brauchen auch mehr Soziologen, Religionswissenschaftler und Sozialpädagogen, die uns helfen, die neue Komplexität zu verstehen. BERICHT „NO-GO-AREAS“AN RHEIN UND RUHR, TITELSEITE
TSicherheit begreifen
Spezielle Beziehung
heresa May ist nicht zu beneiden. Die britische Premierministerin ist bereit, den Zugang ihres Landes zum EU-Binnenmarkt zu opfern, weil sie in den Scheidungsverhandlungen mit Brüssel keine Zugeständnisse machen will. Deshalb ist sie jetzt händeringend auf der Suche nach neuen Partnern, damit die Trennung nicht allzu schmerzhaft wird. Sie muss als attraktive Braut auftreten und das ausgerechnet gegenüber Donald Trump. Der lockt zwar gönnerhaft mit der Aussicht auf einen Handelsvertrag, aber die Bedingungen dafür wird er diktieren. Das ganze schöne Gerede von der „speziellen Beziehung“zwischen den USA und Großbritannien kann nicht kaschieren, wer in diesem Spiel wen benutzt.
May braucht Trumps Hilfe, um einen harten Brexit abzufedern, aber zu sehr anbiedern darf sie sich ihm auch nicht – das käme bei den Briten gar nicht gut an. Die übrigen EU-Mitglieder sollten sich vom demonstrativen Geturtel in Washington also nicht beeindrucken lassen. Für einen Wettbewerb um die einsame Braut besteht kein Anlass. Wenn May glaubt, mit Trump glücklich werden zu können – viel Glück! BERICHT