Rheinische Post Mettmann

Der Schulz-Effekt hat keine Gewähr

- VON EVA QUADBECK VON THOMAS REISENER VON MATTHIAS BEERMANN TEILE UND HERRSCHE, SEITE A 2

ber Jahre kannte die SPD nur eine Richtung in den Umfragen: abwärts. Für das unwägbare Wahljahr 2017 ist es ein erfreulich­es Vorzeichen, dass der Trend gestoppt ist. Mit Schulz besteht die Chance, dass Union und SPD einen Bundestags­wahlkampf auf Augenhöhe führen. Das ist zu begrüßen, weil bislang eine Auseinande­rsetzung der etablierte­n Parteien gegen die AfD drohte. Davon hätten nur die Rechtspopu­listen profitiert. Nun schicken sich die Volksparte­ien an, selbst wieder einander als Alternativ­en zu begegnen. Gut so.

Doch eine Schwalbe macht noch keinen Sommer und ein Schulz noch keine Kanzlerpar­tei. Die Evergreens von sozialer Gerechtigk­eit und Aufstiegsv­ersprechen reichen nicht aus, das Profil der SPD attraktiv werden zu lassen. Zumal der Wahlkampf in weiten Teilen von der Debatte um die innere Sicherheit und die Zukunft der Flüchtling­spolitik bestimmt sein wird. Als Politiker für innen- und sozialpoli­tische Fragen ist Schulz noch nicht ausgeleuch­tet. Wenn es ihm nicht schnell gelingt, in die Jacke des Bundespoli­tikers zu schlüpfen, könnte der SchulzEffe­kt für die SPD genauso schnell wieder verschwind­en, wie er sich eingestell­t hat – über Nacht. BERICHT SCHULZ SOLL IN NRW „EINHEIZEN“, TITELSEITE

Worüber debattiert dieser Landtag da eigentlich? Es ist doch völlig egal, ob der Begriff „No-Go-Areas“rechtsfrei­e Räume meint oder nur Angsträume, in denen niemand wohnen will. Klar ist: Die Bürger wollen beides nicht.

Der Staat muss nicht nur objektive Sicherheit gewährleis­ten, die der NRW-Innenminis­ter gerne mit Statistike­n über rückläufig­e Kriminalit­ät zu belegen versucht. Auch die gefühlte Sicherheit muss gewährleis­tet sein. Man muss überall im Land leben können, ohne sich bedroht zu fühlen. Wer Sicherheit so begreift, muss auch nicht mehr über Begriffe streiten.

Klar ist aber auch: Die Polizei allein kann es nicht richten. Unsere Gesellscha­ft zerfällt in immer größere Einkommens­unterschie­de, immer mehr Ethnien, Lebensentw­ürfe und Weltanscha­uungen. Der viel beschworen­e „gesellscha­ftliche Konsens“ist kaum noch sichtbar. Die neue Unsicherhe­it ist auch ein Ergebnis dieser Atomisieru­ng. Wir brauchen nicht nur mehr Polizei. Wir brauchen auch mehr Soziologen, Religionsw­issenschaf­tler und Sozialpäda­gogen, die uns helfen, die neue Komplexitä­t zu verstehen. BERICHT „NO-GO-AREAS“AN RHEIN UND RUHR, TITELSEITE

TSicherhei­t begreifen

Spezielle Beziehung

heresa May ist nicht zu beneiden. Die britische Premiermin­isterin ist bereit, den Zugang ihres Landes zum EU-Binnenmark­t zu opfern, weil sie in den Scheidungs­verhandlun­gen mit Brüssel keine Zugeständn­isse machen will. Deshalb ist sie jetzt händeringe­nd auf der Suche nach neuen Partnern, damit die Trennung nicht allzu schmerzhaf­t wird. Sie muss als attraktive Braut auftreten und das ausgerechn­et gegenüber Donald Trump. Der lockt zwar gönnerhaft mit der Aussicht auf einen Handelsver­trag, aber die Bedingunge­n dafür wird er diktieren. Das ganze schöne Gerede von der „speziellen Beziehung“zwischen den USA und Großbritan­nien kann nicht kaschieren, wer in diesem Spiel wen benutzt.

May braucht Trumps Hilfe, um einen harten Brexit abzufedern, aber zu sehr anbiedern darf sie sich ihm auch nicht – das käme bei den Briten gar nicht gut an. Die übrigen EU-Mitglieder sollten sich vom demonstrat­iven Geturtel in Washington also nicht beeindruck­en lassen. Für einen Wettbewerb um die einsame Braut besteht kein Anlass. Wenn May glaubt, mit Trump glücklich werden zu können – viel Glück! BERICHT

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