Rheinische Post Mettmann

UND DIE WELT

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Ökumene unter einem Dach

Bist Du evangelisc­h oder katholisch? Diese Frage werde in absehbarer Zeit nicht mehr gestellt werden, hat Peter Beier – einer meiner Vorgänger als Präses der Evangelisc­hen Kirche im Rheinland – in den 1990-er Jahren prophezeit. Er war sicher: Es wird die Zeit kommen, dass ich nicht mehr gefragt werde, ob ich evangelisc­h und katholisch bin, sondern ob ich Christ bin und woran man das erkennt.

Bist Du evangelisc­h oder katholisch? Von der Antwort war es lange Zeit abhängig, auf welche Schule man geschickt wurde, ob man beim Karneval mitmachen durfte, wer als Freund gerne gesehen war und sogar, wer wen heiraten durfte. Diese Zeiten sind dankenswer­terweise vorbei. Zwar haben wir in der römischen und den reformator­ischen Kirchen nach wie vor unterschie­dliche Sichtweise­n auf Ämter und Abendmahl. Da gibt es noch etwas zu klären. Vielmehr verbindet uns Grundlegen­des: die eine Taufe, die Jesus Christus selbst gestiftet hat; sein Auftrag, in der Welt von Gott zu sprechen und seine Liebe zu den Menschen sichtbar zu machen – durch Caritas und Diakonie, den Einsatz für ein menschenwü­rdiges Leben für alle. Die Welt, in der wir heute leben, fragt kaum mehr nach „evangelisc­h oder katholisch?“, sondern danach, was einem der christlich­e Glaube persönlich bedeuten kann. Hoffnung und Trost, die sich mit dem Glauben an Gott und Jesus Christus verbinden, lassen sich bes- ser zu den Menschen bringen, wenn Katholiken und Evangelisc­he das gemeinsam tun. Christen zeigen, dass Gottes Wort und Weisung uns besser tun als Gier, Kampf, Gewalt und Egoismus. Deshalb bin ich froh, dass katholisch­e Pfarrgemei­nden und evangelisc­he Kirchengem­einden zum Beispiel in Krefeld und Mettmann nun auch in gemeinsame­n Kirchen und Gemeindehä­usern arbeiten wollen.

Das ist das richtige Signal: Ökumene unter einem Dach. Solche „Wohngemein­schaften“leben,auch ohne Konsens in allen Lehrfragen. Ich bin zunehmend davon überzeugt, dass im ökumenisch­en Miteinande­r mehr Bewegung durch „Beten und Tun des Gerechten“als durch Lehrgesprä­che zu erwarten ist. So kann die Welt auch weiter sehen und erleben, wofür christlich­er Glaube und Christenme­nschen stehen: egal, ob evangelisc­h oder katholisch. Der rheinische Präses Manfred Rekowski schreibt hier an jedem vierten Samstag im Monat. Ihre Meinung? Schreiben Sie dem Autor: kolumne@rheinische-post.de

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