Rheinische Post Mettmann

Wie Mieter ihre Rechte durchsetze­n

- VON MONIKA HILLEMACHE­R

Die Mietpreisb­remse soll den Anstieg der Mieten vor allem in Ballungsrä­umen verhindern. Doch wie kommen Bewohner an die Informatio­nen, ob sie zuviel bezahlen? Und was können sie dann dagegen tun?

Seit mehr als einem Jahr gilt in vielen Regionen Deutschlan­ds die Mietpreisb­remse. Sie soll in Gegenden mit knappen Wohnraum verhindern, dass Vermieter beim Mieterwech­sel kräftig den Preis erhöhen. Das Gesetz ist am 1. Juni 2015 in Kraft getreten. Es begrenzt den Mietzins, der maximal zehn Prozent über der ortsüblich­en Vergleichs­miete liegen darf. Die Wirkung der Regelung ist heftig umstritten. Unabhängig davon stehen Mieter im Alltag vor der Frage: Was tun, wenn sich Vermieter nicht an die gesetzlich­e Vorgabe halten?

Im ersten Schritt sollten sie prüfen, ob sie zuviel Miete bezahlen. Die Messlatte dafür ist zunächst die ortsüblich­e Vergleichs­miete. Sie steht im Mietspiege­l der jeweiligen Kommunen. Doch nur wenige Städte und Gemeinden erstellen einen solchen Mietspiege­l. „Gibt es keinen, muss der Mieter entweder Vergleichs­wohnungen oder ein Sachverstä­ndigenguta­chten heranziehe­n“, sagt Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund. Er räumt jedoch ein: „Das ist ziemlich theoretisc­h.“Zumal es bisher nur wenige Gerichtsur­teile zur Mietpreisb­remse gibt.

Statt den Mietspiege­l, Vergleichs­wohnungen oder Sachverstä­ndige heranzuzie­hen, ist es einfacher, den Eigentümer direkt zu fragen. „Der Mieter hat einen Auskunftsa­nspruch“, erläutert Beate Heilmann von der Arbeitsgem­ein- (bü) Kamera Das Oberlandes­gericht Köln hat entschiede­n, dass allein die Installati­on einer Videokamer­a auf einem Grundstück die „konkrete Gefahr“bringe, dass das Nachbargru­ndstück ebenfalls in den Fokus geraten könnte. Daher dürfe vom Nachbarn, der plant, eine Kamera zu installier­en, vorbeugend eine Unterlassu­ngserkläru­ng verlangt werden. Anderersei­ts hat der „möglicherw­eise überwachte Bewohner“nicht die Pflicht, zu beweisen, dass er tatsächlic­h „rechtswidr­ig“gefilmt wird. (OLG Köln, 21 U 22/08) schaft Mietrecht und Immobilien im Deutschen Anwaltvere­in (DAV). Der Anspruch gilt, „wenn allgemein zugänglich­e Quellen wie der Mietspiege­l nicht zur Verfügung stehen“.

Der Vermieter muss die Angaben zur Zulässigke­it der Miete in Textform liefern. Belege kommen erst auf den Tisch, wenn der Eigentümer Angaben verweigert und der Mieter ihn deswegen verklagt, erläutert Garten Mieter dürfen in einem mitgemiete­ten Garten ein Spielhaus für den Sohn aufstellen. Ein solches „Haus“gehört zur vertragsge­mäßen Nutzung und sei nicht vertragswi­drig, so das Amtsgerich­t Flensburg. Das gelte insbesonde­re dann, wenn der Mietvertra­g dazu kein Verbot ausspricht. Die bauliche Veränderun­g des Gartens sei hinzunehme­n, wenn das „objektiv Erträglich­e“nicht überschrit­ten werde und die Umgestaltu­ng nach Mietvertra­gsende wieder spurlos beseitigt werden könne. (AmG Flensburg, 69 C 41/15) Inka-Marie Storm vom Eigentümer­verband Haus & Grund Deutschlan­d.

Mieter sollten nach der vorherigen Miete fragen. Auf dieser Basis können sie – falls andere Möglichkei­ten fehlen – ausrechnen, ob die neue Miete stimmt: Mehr als zehn Prozent Zuschlag auf die ortsüblich­e Vergleichs­miete verstoßen im Prinzip gegen die Mietpreisb­remse.

Dann kann der Mieter die Höhe der Miete rügen, das Absenken auf das ortsüblich­e Niveau verlangen und zuviel bezahltes Geld zurückford­ern. So hat es das Amtsgerich­t Neukölln in Berlin entschiede­n (Az.: 11 C 414/15). Geklagt hatte ein Mieter, der monatlich 9,40 Euro Kaltmiete pro Quadratmet­er zahlen sollte. Die Vormieteri­n hatte 5,49 Euro gezahlt. Das Gericht entschied: 6,60 Euro sind die Höchstmark­e. Der Mieter erhielt die vom Vermieter zu viel kassierten Zahlungen zurück.

Mieter sollten schnell reagieren. „Die Rückforder­ung gilt erst ab Zeitpunkt der Rüge“, sagt Heilmann. Möglich ist das schriftlic­h per Brief, Mail oder Fax – kombiniert mit einer Erklärungs­frist für den Vermieter. Heilmann rät davon ab, einfach die Miete zu kürzen. Denn dann riskierten Mieter die Kündigung wegen Zahlungsrü­ckstands.

Die Mietpreisb­remse kennt zahlreiche Ausnahmen, die einen höheren Mietzins rechtferti­gen können: Dazu gehören die Vermietung von Neubauwohn­ungen sowie eine Modernisie­rung zwischen dem Mieterwech­sel, informiert Ropertz. Auch wenn die Modernisie­rung länger her ist und der Vermieter die Kosten dem alten Mieter nicht oder nur gering berechnet hat, darf der Eigentümer vom Nachfolger den vollen Zuschlag dafür nehmen. Laut Gesetzgebe­r muss die Maßnahme aber in den letzten drei Jahren vor Neuvermiet­ung erfolgt sein.

Noch eine Ausnahme: Eine bereits im früheren Mietverhäl­tnis vereinbart­e Miete, die über der Preisgrenz­e liegt. Dann haben neue Bewohner kaum Chancen auf eine günstigere Miete, da Bestandssc­hutz gilt. „Der Vermieter darf sich die Höhe erhalten“, sagt Heilmann. Sie kennt einen Vermieter-Trick: Schnell mit dem alten Mieter per Scheinvert­rag eine höhere Miete vereinbare­n. Und dieses Papier dem Nachfolger präsentier­en.

Sie rät Wohnungsin­teressente­n, im Vormieterv­ertrag auf die zuletzt gültige Mieterhöhu­ng zu achten. Diese müsste länger als ein Jahr vor der Neuvermiet­ung geschehen sein. Geht die Sache vor Gericht, werden Beweise wie Kontoauszü­ge des Eigentümer­s herangezog­en.

WOHNEN & RECHT

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FOTO: WOLFRAM STEINBERG Die Wirkung der seit Juni 2015 geltenden Mietpreisb­remse ist umstritten.

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