Später Erfolg mit fadem Beigeschmack
In der Haut der einstigen Soko-Leute möchte man nun wirklich nicht stecken. 60, 70 erfahrende Kriminalisten waren im Jahr 2000 rund um die Uhr im Einsatz, um den feigen Anschlag am S-Bahnhof zu klären. Und sie hatten ja das richtige Gespür: Nach einer knappen Woche hatten sie den Mann gefasst, der jetzt, 16 Jahre danach, in UHaft sitzt – nachweisen konnten sie ihm die Tat damals aber nicht. Dabei war es jetzt keine geheimnisvolle Technologie, auch kein wundersamer DNA-Beweis, der das neue Ermittlerteam zum Erfolg geführt hat, sondern altmodische Polizeiarbeit, das hartnäckige und gründliche Zusammentragen winziger Puzzle-Teile. Und sicher auch ein Quäntchen Glück.
Dem späten Ermittlungserfolg haftet deshalb ein fader Beigeschmack an. Die Frage etwa, ob dieselben Indizien, die vor 16 Jahren nicht für einen dringenden Tatverdacht gegen den heute Beschuldigten ausreichten, jetzt in einem Prozess bestehen können. Und natürlich die Frage, warum der frühe Verdacht auf einen Täter aus dem rechtsextremen Umfeld nicht auch früher zu einer Verhaftung führte. Die Wehrhahn-Akte wird um den Untersuchungsausschuss im Landtag wohl nicht herumkommen, dem sie mit Rücksicht auf die Ermittlungen bislang verschlossen blieb. BERICHT NEONAZI SOLL WEHRHAHN-BOMBER SEIN, TITELSEITE
EKlartext bei Erdogan
s ist nicht jeden Tag lustig, Bundeskanzlerin zu sein. Heute zum Beispiel möchte man nicht in Angela Merkels Haut stecken, wenn sie dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan ihre Aufwartung macht. Der hat sein Land seit dem gescheiterten Putschversuch im Sommer in atemberaubendem Tempo zu einer Autokratie umgebaut. Jetzt steht er kurz vor seinem großen Ziel, die zusammengeraffte Macht durch eine Verfassungsänderung legalisieren zu lassen. Im April steht dazu eine Volksabstimmung an. Merkels Besuch, ob sie das will oder nicht, wird von Erdogan als Signal ihrer Unterstützung für seine Politik ausgeschlachtet werden.
Es sei denn, die Bundeskanzlerin spricht öffentlich und in aller Schärfe die Probleme an: die Gleichschaltung von Medien und Justiz durch Erdogan, seinen Rachefeldzug gegen Andersdenkende, die Missachtung von Menschenrechten. Vor allem aber auch die skandalösen Spitzel-Aufrufe an Ditib-Imame in Deutschland. Offene Worte sind gefragt – trotz der türkischen Drohung, den Flüchtlingspakt zu kündigen. Wir haben uns lange genug erpressen lassen. BERICHT MERKEL ERNTET KRITIK . . ., TITELSEITE
Mutige Bischöfe
Die Deutschen haben schon bei der Familiensynode eine starke Rolle gespielt. Jetzt legen sie nach und bestärken Papst Franziskus in seinem Reformkurs. Dabei geht es um geschiedene Katholiken, die zivil erneut heirateten und nach Meinung ihrer Kirche somit in ewiger Sünde leben. Doch in Einzelfällen soll ihnen vor Ort die Chance gegeben werden, am Abendmahl teilzunehmen. Das hat Franziskus in seinem Apostolischen Schreiben so erklärt (zum Unmut der Konservativen); und so haben es nun auch unsere Bischöfe betont.
Hand aufs Herz: In der pastoralen Praxis dürfte dies längst und vielerorts geschehen. Wer weist schon einen Gläubigen vom Tisch des Herrn zurück? Dennoch ist das deutsche Bischofswort nachhaltig: Es ist theologisch eine Herausforderung, ökumenisch eine Einladung und zudem ein Schritt zur Selbstbestimmung. Die Ortskirchen werden souveräner – auf Kosten des römischen Zentralismus. Auch darum hat die Kurie gestern flugs reagiert, scharf und verärgert über die Deutschen. Na und? Die Freude bleibt bei den Menschen: Denn ihre Kirche lebt und ist an ihrer Seite. BERICHT BISCHÖFE ÖFFNEN KOMMUNION . . ., TITELSEITE