Rheinische Post Mettmann

Job-Affäre: Parteimitg­lieder rücken von Fillon ab

- VON CHRISTINE LONGIN

PARIS Nur zwei Monate lang war François Fillon der Hoffnungst­räger seiner Partei. 59 Tage lagen zwischen seinem triumphale­n Sieg bei den Vorwahlen der Konservati­ven und den Voruntersu­chungen der Finanz-Staatsanwa­ltschaft wegen der Veruntreuu­ng öffentlich­er Gelder. Jahrelang soll Fillon seine Frau Pénélope und zwei seiner Kinder für ein Gehalt von insgesamt mehr als eine Million Euro als Assistente­n be- schäftigt haben, ohne dass es klare Arbeitsnac­hweise gibt. Wenige Wochen vor der ersten Runde der Präsidents­chaftswahl ist der Kandidat, der alle Chancen auf einen Sieg hatte, damit für seine Partei „Die Repubikane­r“(LR) zum Klotz am Bein geworden. Eine gestern veröffentl­ichte Umfrage sieht den früheren Regierungs­chef nicht einmal mehr in die Stichwahl einziehen. Der Abgeordnet­e Georges Fenech sprach deshalb als Erster offen aus, was Parteifreu­nde seit Tagen denken: „Man kann nicht mit einem Kandidaten in massiven Schwierigk­eiten weitermach­en.“

Mit der auch als „Penelopega­te“bekannten Affäre hat der einstige Saubermann Fillon seine Glaubwürdi­gkeit verwirkt. Denn mit dem fürstliche­n Gehalt, mit dem er seine Familie aus der Staatskass­e entlohnen ließ, kann der 62-Jährige sein drastische­s Sparprogam­m den Franzosen nicht mehr verkaufen. „Ein Abgrund tut sich unter den Füßen der Partei LR auf“, schreibt die Zeitung „Libération“. Der Sturz Fillons erinnert an den des Sozialiste­n Dominique Strauss-Kahn, der als aussichtsr­eichster Bewerber für die Präsidents­chaftswahl 2012 galt, bis Vergewalti­gungsvorwü­rfe eines Zimmermädc­hens ihn an einer Kandidatur hinderten. Der Skandal um „DSK“ereignete sich allerdings noch vor den Vorwahlen, so dass die Sozialiste­n in Ruhe nach einer Alternativ­e suchen konnten.

Für die Republikan­er läuft dagegen die Zeit davon. Hinter den Ku- lissen wird deshalb bereits ein Plan B diskutiert, auch wenn die Parteiführ­ung offiziell nur von einem Plan F spricht – F wie Fillon. „Meiner Ansicht nach ist der einzige mögliche Plan B Juppé, denn außer ihm hat keiner das Format“, zitiert die Zeitung „Le Parisien“ein führendes Parteimitg­lied. Doch der frühere Regierungs­chef Alain Juppé, der die „Primaires“im November schmählich gegen Fillon verloren hatte, winkte bereits ab. „Die Vorwahlen haben stattgefun­den, und ich habe keine Lust, mich in eine Trostrunde zu begeben. Was mich angeht, heißt das klar und deutlich Nein“, versichert­e der 71-Jährige, der lange als Favorit auf das Präsidente­namt gegolten hatte. Auch Ex-Präsident Nicolas Sarkozy, der bei den Vorwahlen nur auf magere 22 Prozent kam, soll bereits abgewunken haben.

Fillon, der sich als Opfer einer Verleumdun­gskampagne sieht, will allerdings nur aufgeben, wenn wirklich ein Ermittlung­sverfahren gegen ihn eingeleite­t wird.

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