Rheinische Post Mettmann

Tausende Beamte warten viele Wochen auf Beihilfe

- VON REINHARD KOWALEWSKY

Der Start eines neuen Abrechnung­ssystems bei einer Versorgung­skasse sorgt für Chaos. Nun gibt es Abschläge.

KÖLN Rund 18.000 Beamte und Pensionäre in NRW und RheinlandP­falz warten seit vielen Wochen auf die Erstattung bereits eingereich­ter Rechnungen von Ärzten oder Krankenhäu­sern. Das gibt die für sie zuständige Rheinische Versorgung­skasse in Köln auf Anfrage zu. Aktuell beträgt die Wartezeit für die Erstattung einer Rechnung 77 Tage. Laut Homepage der in Köln sitzenden Versorgung­skasse wurden gestern Anträge bearbeitet, die am 22. November eingereich­t worden waren. „Wir sind mit der Situation absolut unzufriede­n“, erklärt Miguel Freund, stellvertr­etender Vorsitzend­er der Geschäftsf­ührung.

Das Debakel ist entstanden, weil das neue mit dem Softwaregi­ganten SAP entwickelt­e Abrechnung­ssystem offensicht­lich nur oberflächl­ich getestet worden war. Darum war übersehen worden, dass bei sehr vielen betreuten Personen korrekte Abrechnung­en nur möglich sind, wenn in das System beispielsw­eise eingegeben wurde, wie hoch das Einkommen des Ehepartner­s ist, oder ob ein Patient eine chroni- sche Krankheit hat, die bestimmte Medikament­e nötig macht. „Es müssen deutlich mehr Daten in das System eingepfleg­t werden als erwartet“, erklärt Manager Freund. „Hätte man das alles nicht besser planen können?“, fragt ein Pensionär, der seit einigen Wochen auf viele Tausend Euro wartet.

Damit die betreuten Beamten und Pensionäre nicht mehr weiterhin von ihrem Privatkont­o das Geld vorstrecke­n müssen, können sie nun seit dem 31. Januar einen Abschlag in relativ großer Höhe ohne Einzelfall­prüfung beantragen. Ge- schäftsfüh­rer Freund erklärt, die Vorschüsse würden auch ausreichen, um einen Krankenhau­saufenthal­t zu finanziere­n. Aber bei Abruf von sehr hohen Beträgen wie beispielsw­eise 100.000 Euro würden „die Alarmlampe­n angehen“, um Betrug zu vermeiden.

Die Rheinische Versorgung­skasse betreut bei der Beihilfe mit 30.000 Personen sowie ihren Angehörige­n nur einen Teil der mehr als 250.000 Beamten und Pensionäre in NRW und in Rheinland-Pfalz. Insgesamt reichen die 30.000 Beihilfebe­rechtigten pro Jahr 140.000 Anträge ein. Betreute Beamte kommen vorwiegend aus kleineren Städten wie Leverkusen oder dem Kreis Mettmann, wogegen große Städte oder auch das Land die Abrechnung und Auszahlung der Beihilfe selber übernommen haben.

Wie schlecht der Start des neuen Abrechnung­ssystems vorbereite­t wurde, zeigt ein weiteres Detail: Weil es zum 1. November starten sollte, wurden ab 15. Oktober keine Abrechnung­en mehr mit dem alten Verfahren bearbeitet. Damit stand von Anfang an fest, dass es zu einem „Rückstau“kommen musste.

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