Gesundes muss nicht exotisch sein
Ungewöhnliche Lebensmittel wie zum Beispiel Chia-Samen sind im Trend und versprechen, eine besondere Wirkung auf das Wohlbefinden zu haben. Dabei sind auch viele Nahrungsmittel aus der täglichen Küche gut für Körper und Geist.
DÜSSELDORF Afa-Alge, Açaí-Beere, Chia-Samen, Noni-Saft und GojiFrucht – das sogenannte SuperFood ist im Trend. Die Produkte mit den klangvollen Namen sollen angeblich extrem günstige Effekte auf unsere Gesundheit haben, in jedem Falle aber sind sie exotisch und teuer. Dabei gibt es auch weniger exotische, preiswertere und vor allem schon lange eingeführte Lebensmittel, die mindestens genauso gesund sind – was allerdings viele gar nicht mehr wahrnehmen. Wir stellen zehn gesunde Normalos aus der täglichen Küche vor. Äpfel gegen Cholesterin Der Volksmund weiß: „An apple a day keeps the doctor away.“Tatsächlich enthält der Apfel die zu den Ballaststoffen gehörenden Pektine. Sie binden Gallensäuren an sich, so dass die Leber wieder neue Gallensäuren bilden muss, die für die Fettverdauung benötigt werden. Dafür bedient sie sich aus dem Cholesterinpool des Körpers. Die Folge: Der Cholesterinwert im Blut sinkt. Mediziner der britischen Oxford University ermittelten, dass ein Apfel am Tag fast so viele tödliche Herzerkrankungen verhindert wie die Statine, die zur Cholesterinsenkung verschrieben werden. Blaubeeren gegen Bluthochdruck Die Heidelbeere enthält neben viel Vitamin C überdurchschnittlich viele Polyphenole, die auch von Rotwein und Schokolade als HerzKreislauf-Schutz bekannt sind. An der Florida State University ermittelten Wissenschaftler: Bereits eine Tasse frischer Blaubeeren täglich reicht zur Senkung hoher Blutdruckwerte. Der Grund: Die Polyphenole mobilisieren die Produktion von Stickoxid, das dann in den Blutgefäßwänden für Entspannung sorgt. Leinsamen statt Hormonpillen Der Samen des Flachses enthält Phytoöstrogene, also Stoffe, die eine sexualhormonähnliche Wirkung besitzen. Dadurch kann der Leinsamen das Wachstum von Prostatahumoren verlangsamen. In einer Studie der US-amerikanischen Iowa State University sank zudem der Cholesterinspiegel von Männern über zehn Prozent, nachdem man ihnen drei Monate lang täglich drei Esslöffel Leinsamen verabreicht hatte. Bei Frauen klappte das allerdings nicht. Vermutlich, weil sie ohnehin genug eigene Östrogene produzieren. Ingwer schmiert die Gelenke Als Mittel gegen Verdauungsbeschwerden und Seekrankheiten ist Ingwer schon länger etabliert. Aber seine Gingerole, die Stoffe, die für den scharfen Geschmack des Ingwers zuständig sind, wirken auch ähnlich wie Acetylsalicylsäure (ASS): Sie verbessern den Blutfluss und unterdrücken schmerzhafte Entzündungen und Schwellungen. In einer Studie der dänischen Odense-Universität wurden 56 ArthritisPatienten mit einem Ingwer-Extrakt versorgt. Drei Viertel von ihnen berichteten drei Monate später von deutlichen Linderungen ihrer Symptome. Tee gegen Stress und Bakterien Jeder spricht vom grünen Tee, dabei ist der schwarze ebenfalls sehr gesund. Denn beide Teesorten stammen von der gleichen Pflanze, sie unterscheiden sich nur im Herstellungsverfahren: Der schwarze Tee wird fermentiert, der grüne nicht. Bei der Fermentation entstehen Gerbstoffe, die das Wachstum von Plaque-Bakterien hemmen und dadurch vor Karies und Zahnfleischentzündungen schützen können. Zudem helfen die Gerbstoffe gegen Stress, sie dämpfen vor allem die Ausschüttung von Cortisol. Abwarten und Tee trinken ist also nicht bloß ein Spruch, sondern auch aus physiologischer Sicht sinnvoll. Entgiften mit Bärlauch Alle Welt redet vom Knoblauch, dabei enthält Bärlauch viermal so viele Sulfide, die als Hauptwirkstoffe seines asiatischen Verwandten gelten. Zerkaut man die Bärlauch-Blätter im Mund, entstehen antibiotische Substanzen, die gegen Pilze und Bakterien helfen. Zudem besitzt Bärlauch entgiftende Eigenschaften: Er überführt fettlösliche Umweltgifte in wasserlösliche Komplexverbindungen, die sich über den Harn abtransportieren lassen. Joghurt für Darm und Psyche Früher dachte man, dass es die Bakterienkulturen des Joghurts gar nicht in den Darm schaffen würden, um die dortige Flora zu unterstützen. Doch Ernährungsmediziner Stephan Bischoff von der Universität Hohenheim weiß zu berichten: „Die Joghurtmatrix bietet einen stabilen Schutz für Bakterienkulturen.“Dadurch überstünden sie zumindest teilweise die Passage durch die Magensäure. Im Darm angelangt, stabilisieren sie den Stoffwechsel.
Außerdem bringen die Bakterienkulturen offenbar auch die Psyche in Schwung. John Cryan vom University College im irischen Cork plädiert sogar dafür, probiotische Joghurts in der Therapie von Depressionen auszutesten. „Denn im Grunde“, so sagt Neurowissenschaftler Cryan, „sind wir doch nur Marionetten unserer Darmbakterien.“ Vollmilchschokolade ist für manche wie Gemüse Dass die Gerbstoffe des Kakaos aggressive Sauerstoffmoleküle entschärfen und dadurch vor Infarkten schützen, ist mittlerweile weithin bekannt. Doch oft hört man, dass man besser die kalorienärmere Bitterschokolade mit hohem Kakaoanteil essen sollte. Wissenschaftlich erwiesen ist das freilich nicht. Laut einer Studie der University of California sind Menschen mit Hang zu süßer Milchschokolade um zwei bis drei Kilo leichter als die konsequenten Schoko-Verweigerer. Studienleiterin Beatrice Golomb vermutet, dass die Kakao-Gerbstoffe den Stoffwechsel anregen, so dass die Zucker- und Fettanteile weniger ins Gewicht fallen. Die Wissenschaftlerin bezeichnet Schokolade übrigens als ihr „Lieblingsgemüse“. Zimt hilft bei hohen Blutzuckerwerten Den Durchbruch als Anti-DiabetesGewürz schaffte Zimt, als der amerikanische Chemiker Richard Anderson die Auswirkungen verschiedener Nahrungsmittel auf den Blutzuckerspiegel untersuchte. Unter den Untersuchungsobjekten war auch ein Apfelkuchen mit Zimt. „Bei dem Kuchen hatten wir eigentlich schlechte Ergebnisse erwartet“, sagt Richard Anderson. „Doch er schaffte genau das Gegenteil: Die Blutzuckerwerte sanken.“Im Labor hatte man bereits festgestellt, dass Zimt den Körper besser auf das Stoffwechselhormon Insulin ansprechen lässt. Walnüsse fürs Gehirn Die vielen tiefen Furchen und die beiden Hemisphären – die Walnuss sieht schon aus wie ein Gehirn im Mini-Format. Und tatsächlich liefert sie „Futter fürs Hirn“. An der Andrews University in Berrien Springs in den USA ließ man 64 Studenten acht Wochen lang täglich drei Scheiben Bananenbrot essen – in manchen war eine halbe Tasse Walnüsse verarbeitet worden, in anderen nicht. Die Walnuss-Esser offenbarten später bessere kognitive Fähigkeiten und zeigten sich vor allem als Experten im schlussfolgernden Denken. Walnüsse könnten also vor allem vor kniffligen Aufgaben und Prüfungen eine Hilfe sein – oder auch beim Sonntagsabend-Krimi, um als Amateur-Detektiv zu brillieren.