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juristisch. Der Konzern prüft rechtliche Schritte gegen Piëch.
Doch das ist ja längst nicht der einzige Konflikt in diesem Konzern, der einst zu den Aushängeschildern der Republik gehörte, zuletzt aber von einer Peinlichkeit in die nächste stolperte. In Wolfsburg, so scheint es, kämpfen gerade alle gegen alle. Der Abgang von Winterkorn und Piëch hat ein Machtvakuum hinterlassen, das offenbar noch nicht ausreichend gefüllt worden ist.
Denn auch unterhalb der Aufsichtsratsebene knallte es zuletzt. Zunächst verließ die eigentlich als Hoffnungsträgerin verpflichtete Christine Hohmann-Dennhardt nach nur 13 Monaten im Amt als Rechtsvorstand den Konzern – angeblich soll auch ein Machtkampf mit Chefjustiziar Manfred Döss dazu beigetragen haben.
Und nun bricht auch der Konflikt zwischen VW-Markenvorstand Herbert Diess und Betriebsratschef Bernd Osterloh wieder auf, der eigentlich vor einigen Monaten mit einem als „Zukunftspakt“bezeichneten Spar- und Sanierungsprogramm zunächst befriedet schien.
Diess wurde vor knapp zwei Jahren von BMW geholt, um die renditeschwache Marke VW wieder fit zu machen – denn das Unternehmen verdient pro verkauftem Fahrzeug deutlicher weniger Geld als Konkurrenten. Er gilt als harter Knochen und gnadenloser Sanierer. Der Streit mit Osterloh, der die Arbeitsplätze der Mitarbeiter und den eigenen Einfluss schützen will, war damit eigentlich programmiert. Der Zukunftspakt, mit dem die jährlichen Kosten bis 2020 um 3,7 Milliarden Euro sinken sollen, war ein mühsam errungener Kompromiss.
Doch nun macht der Betriebsrat erneut Front gegen Diess. In einem offenen Brief, der unserer Redaktion vorliegt, kritisieren die Betriebsräte den Manager und werfen ihm Wortbruch vor. Der Vorstand setze gegenüber dem Betriebsrat auf Konfrontation statt Konsens, heißt es da. Der Zukunftspakt werde ausgehöhlt. So fürchtet der Betriebsrat unter anderem, dass mehr Zeitarbeitskräfte das Unternehmen verlassen müssten als abgemacht. Diess verhalte sich unsozial, heißt es daher auch in einem Schreiben, das gestern an die Mitarbeiter verschickt wurde.
Als Vermittler hat sich nun Konzern-Personalchef Karlheinz Blessing eingeschaltet, um die Wogen zu glätten. „Wir werden miteinander reden und Missverständnisse klären, dann wird das auch“, sagte Blessing gestern.
Vielerorts sorgt das Chaos von Wolfsburg nur noch für Kopfschütteln. „Der Konzern muss aus Eigeninteresse schnell reinen Tisch machen, für entstanden Schaden entschädigen und das Vertrauen der Kunden zurückgewinnen“, fordert Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter. Und in VW-Handelskreisen heißt es: „Wer das alles hört, denkt ja eher an eine Bananenrepublik als an einen Dax-Konzern.“