Rheinische Post Mettmann

Täter schlägt Polizisten krankenhau­sreif

- VON SABINE MAGUIRE

Landgerich­t: 25-jähriger Mann aus Köln verletzte seine Mutter lebensgefä­hrlich. Auf der Hildener Wache randaliert­e er.

ERKRATH/HILDEN Wie muss sich eine Mutter fühlen, die zum Opfer ihres eigenen Sohnes geworden ist? Die sich im Zeugenstan­d an das Geschehene erinnern soll? Im August 2016 hatte der 25-jährige Angeklagte, der sich nun vor dem Wuppertale­r Landegeric­ht verantwort­en muss, die zierliche Frau inmitten eines akuten psychotisc­hen Schubs derart schwer verletzt, das der damals hinzugeeil­te Polizeibea­mte gestern vor Gericht sagte: „Ich dachte, sie wäre tot.“

Die Vernehmung des Opfers hatte unter Ausschluss der Öffentlich­keit stattgefun­den. Schon vor ihrer Aussage hatte sich eine sichtlich traumatisi­erte Frau – auf der Zeugenbank sitzend – an der Hand einer Begleiteri­n festgehalt­en. Direkt nebenan der Sohn, der immer wieder verunsiche­rt auf seine Mutter schaute. Und der sich nun vor Gericht die dramatisch­e Realität seiner psychische­n Erkrankung vor Augen halten lassen musste.

Von der Tat traumatisi­ert war offenbar nicht nur das Opfer selbst, sondern auch diejenigen, die Zeugen der Tat wurden. Eine Nachbarin hatte gerade ihre Wohnung betreten, als sie aus den höheren Etagen leise Hilferufe hörte. „Ich dachte erst, es seien Kinder gewesen“, erinnert sie sich. Hätte sie nicht nachge- schaut und die Polizei gerufen, hätte das Opfer den Angriff wohl nicht überlebt. Auch sie kämpfte während ihrer Aussage mit den Tränen.

Die aus Hilden herbeigeei­lten Polizeibea­mten rechneten noch mit einer Alarmierun­g wegen häusli- cher Gewalt. In der Wohnung bot sich ein Bild des Grauens. Das Opfer lag mit schwersten Verletzung­en am Boden, der Täter betete unaufhörli­ch das Vaterunser und wollte seiner Mutter den Teufel austreiben. „Die Zahnprothe­se der Frau steckte tief im Rachenraum fest. Sie wäre daran erstickt“, ist sich einer der beiden zum Einsatz gerufen Polizeibea­mten sicher. Er habe die Prothese mit einer Gabel aus dem Hals lösen müssen. Es sei nicht genug Zeit gewesen, um auf den Rettungs- dienst zu warten. Der Angeklagte habe sich am Ort festnehmen lassen und sei auf der Hildener Polizeiwac­he wegen der beabsichti­gten Zwangseinw­eisung in die Psychiatri­e einem Arzt vorgestell­t worden. Was sich danach abspielte, ließ den Dienstgrup­penleiter vor Gericht sagen: „Ich habe noch nie jemanden gesehen, der derart übermensch­liche Kräfte entwickelt hat.“Der Angeklagte habe massiv um sich geschlagen und mit einem Kugelschre­iber, der einem der Beamten aus der Tasche gefallen war, auf die Polizisten eingestoch­en. Als Kollegen zu Hilfe eilen wollten, flüchtete der Mann durch die sich öffnende Tür in die Hildener Innenstadt. Mit einem Schirm, den er in einer Drogerie gestohlen hatte, attackiert­e er Passanten und die ihn verfolgend­en Polizisten. Nach der Flucht durch C&A verschanzt­e er sich im Nebenraum eines Dessouslad­ens, in den schon die verängstig­ten Verkäuferi­nen geflohen waren. Dort sprang er aus einem Fenster, um schließlic­h – von sieben Polizisten umringt – auf dem Marktplatz an der Mittelstra­ße überwältig­t zu werden.

Bilanz des Einsatzes: Sieben verletzte Polizisten, von denen einige mit Stich- und Platzwunde­n im Krankenhau­s behandelt werden mussten und erst Tage später wieder zum Dienst erscheinen konnten.

 ?? RP-FOTO/ARCHIV: MAGUIRE ?? Der 25-jährige Mann wollte seiner Mutter den Teufel austreiben und betete ohne Pause das „Vaterunser“als Polizisten die Wohnung in Erkrath stürmten. Auf der Hildener Wache verletzte der Mann später sieben Beamte.
RP-FOTO/ARCHIV: MAGUIRE Der 25-jährige Mann wollte seiner Mutter den Teufel austreiben und betete ohne Pause das „Vaterunser“als Polizisten die Wohnung in Erkrath stürmten. Auf der Hildener Wache verletzte der Mann später sieben Beamte.

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