Rheinische Post Mettmann

Maßvoll statt randvoll an Karneval

- VON NICOLE MARSCHALL

An den närrischen Tagen machen viele Jugendlich­e erste Erfahrunge­n mit Alkohol. Damit diese nicht böse enden klären Jugendamt und Suchthilfe BIZ seit Jahren Schüler der Jahrgangss­tufe 8 über die Gefahren des Alkohlkons­ums auf.

ERKRATH Gerade zu Karneval fallen schnell die Hemmungen und der Gruppendru­ck verführt zum Mittrinken. Für so manchen Teenie endet die anfangs noch lustige Karnevalsp­arty dann mit einer Alkoholver­giftung in der Notaufnahm­e des Krankenhau­ses. Mit der Aktion „Maßvoll” wollen das Jugendamt der Stadt Erkrath und die Suchthilfe BIZ gemeinsam mit den Lehrern für Suchtvorbe­ugung bei den Teenies das Bewusstsei­n für den maßvollen Umgang mit Alkohol schaffen – und zwar möglichst, bevor diese überhaupt erste eigene Erfahrunge­n damit machen.

Den ersten „Vollrausch” gibt’s daher jedes Jahr für die achten Klassen der Erkrather und zum Teil auch Haaner Schulen unter Beobachtun­g und ganz ohne Alkohol: Die Rauschbril­len, die Norman Raulf, Leiter des Suchthilfe BIZ der Neander Diakonie, zum Aktionstag mit ins Evangelisc­he Gemeindeze­ntrum Sandheide gebracht hatte, haben meist abschrecke­nde Wirkung:

„Ich hab’ alles doppelt gesehen und konnte nicht einschätze­n, ob ich mich auf oder neben der Linie befand”, berichtet Oliver (14), nachdem er versucht hat, mit der Brille auf der Nase einige Meter auf einer Linie geradeaus zu laufen. „Mir war schwindeli­g, ich hatte kein Gleichgewi­cht, und die Tiefenwahr­nehmung war anders: Alles schien weiter weg und ganz klein”, schildert auch Kevin (14) sein Rauschbril­lenErlebni­s. Die beiden Haaner Realschüle­r werden wohl weiterhin die Finger vom Alkohol lassen. Gruppendru­ck haben sie in ihrem Umfeld noch nicht erlebt. Ihre Schulkamer­adin Sophie (14) sieht das Problem gerade für die bevorstehe­nden Karnevalst­age differenzi­erter. Ältere Freunde trinken schon mal Alkohol, Alkoholver­giftung ins Krankenhau­s kommt, sondern peinlich”, erklärt Lademann-Kolk: Am nächsten Morgen in Windeln vor der hübschen Krankensch­wester aufzuwache­n, die nachts das Erbrochene aufwischen durfte – das zieht. Auch mit dem Hinweis auf den hohen Kalorienge­halt von Alkoholika trifft sie die Jugendlich­en eher als mit der Warnung vor Promillewe­rten im Blut. Zum Nachdenken regt Gerhard Raddatz an, der als trockener Alkoholike­r während des Aktionstag­es offen aus seinem Leben erzählte.

Erschrecke­nd seien jedoch fehlendes Mitgefühl und Hilfsberei­tschaft der Jugendlich­en untereinan­der, stellt Andrea LademannKo­lk in letzter Zeit immer wieder in Gesprächen mit Jugendlich­en fest: Aus Angst, die Eltern werden merken, dass man selbst auch Alkohol getrunken hat, wird oftmals der Notarzt nicht gerufen, wenn ein Kumpel zu tief ins Glas geguckt hat. Schadenfre­ude und Feigheit überwiegen und ein Krankenhau­saufenthal­t wird von der Clique totgeschwi­egen. Wichtig ist es der Jugendschu­tzbeauftra­gten daher, den Achtklässl­ern zu vermitteln, aufeinande­r aufzupasse­n, Vertrauen zu haben und Erwachsene­n um Hilfe zu bitten, wenn man die Situation nicht mehr unter Kontrolle hat. Die Gesundheit – mitunter das Überleben – eines Freundes bzw. einer Freundin muss hier an erster Stelle stehen, nicht die Angst vor der Reaktion der Eltern. Alkohol, auch das ist wichtig, ist erst ab 16 Jahren erlaubt, Hochprozen­tiges erst ab 18.

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RP-FOTO/ARCHIV: PANTHERMED­IA Am Rand von Karnevalsz­ügen sieht man immer wieder Jugendlich­e, die deutlich zu viel Alkohol getrunken haben.
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