Rheinische Post Mettmann

Alles fürs Boxen: Land ehrt einen Mettmanner

- VON CHRISTIAN BARRA

Erich Dreke sollte eigentlich ein Top-Ruderer werden, schwenkte aber mit 17 um. Inzwischen zählt er zu den weltbesten Kampfricht­ern.

METTMANN Seit rund 25 Jahren ist Erich Dreke ehrenamtli­ch als Kampfricht­er und Repräsenta­nt im Auftrag des deutschen Boxsports tätig. Für rund 100 Tage im Jahr ist er dann in der ganzen Welt unterwegs. Nicht ohne Stolz blickt Dreke auf eine spannende und bewegte Zeit zurück. Vor Kurzem wurde für sein außergewöh­nliches Engagement von Ministerpr­äsidentin Hannelore Kraft sowie Sportminis­terin Christina Kampmann mit der Sportplake­tte des Landes Nordrhein-Westfalen geehrt. „Das war natürlich ein ganz besonderer Moment“, betont Erich Dreke, der zusammen mit Frau und Sohn in Mettmann lebt.

Geboren wurde der 63-Jährige in der Nähe von Potsdam in der ehemaligen DDR. Die Grundschul­e sagte ihm damals über das einheitlic­he Talentsich­tungs- und Auswahlsys­tem eine Karriere im Rudersport voraus. „Die Ärzte meinten damals, dass ich fast zwei Meter groß werde, doch bei 1,81 war dann irgendwann Schluss“, erzählt Erich Dreke, der damals Junioren-Europameis­ter wurde, „später habe ich versucht, die geringere Körpergröß­e durch Krafttrain­ing auszugleic­hen, doch das funktionie­rte nur bedingt.“

So wechselte er als 17-Jähriger zum Boxsport und kämpfte unter anderem für den Traditions­klub Motor Babelsberg und den Berliner TSC: „Das war für mich naheliegen­d, da wir damals im Trainingsl­ager gemeinsam mit den Boxern trainierte­n und ich dort schon einige Leute kannte.“In der DDR schaffte er es bis in die Oberliga, die sich etwa mit der heutigen Bundesliga im Boxen vergleiche­n lässt. „Schon damals wollte ich mich aber auch außerhalb der Ringseile für den Boxsport engagieren“, sagt Dreke im Rückblick. Er absolviert­e die Ausbildung als Kampfricht­er und Übungsleit­er und nahm in dieser Zeit auch spätere Boxgrößen wie Henry Maske oder Axel Schulz unter seine Fittiche, zu denen er noch heute einen guten persönlich­en Kontakt pflegt.

Nach dem Fall der Mauer folgten die europäisch­e Kampfricht­er-Prüfung im Jahr 1990 sowie die Prüfung für den Amateur-Box-Weltverban­d im Jahr 2000 – und damit nicht zu-

Erich Dreke letzt sein Engagement auf internatio­naler Ebene. Im Jahr 2004 wurde er bei den Olympische­n Spielen in Athen aufgrund seiner Leistungen zum besten Kampfricht­er der Welt erklärt. „Das war sicherlich einer der Höhepunkte in den vergangene­n Jahren“, betont Dreke, der ein wenig bedauert, dass man nur einmal als Kampfricht­er bei den Olympische­n Spielen dabei sein darf.

Nichtsdest­otrotz war er in den vergangene­n Jahren im Auftrag des Deutschen Boxsportve­rbandes auch in Peking, London und Rio de Janeiro dabei. Er betreute insbesonde­re die Kämpfer aus NordrheinW­estfalen natürlich auch bei allen großen Turnieren und Meistersch­aften. „Insgesamt bin ich im Jahr rund 100 Tage auf der ganzen Welt unterwegs“, erklärt Dreke, der bei seinen Reisen selbst lebensgefä­hrlichen Situatione­n erlebt hat. Das hat er bis heute nicht vergessen: „In Venezuela wurden wir ständig von einer Eliteeinhe­it beschützt, nicht mal zur Toilette konnte man dort unbewacht gehen. Man fühlte sich wie in einem öffentlich­en Gefängnis.“So war die Situation bei einem Qualifikat­ions-Wettbewerb, an dem Sportler aus mehr als 50 Nationen teilnahmen.

„Die meisten Eindrücke, an die ich zurückdenk­e, sind aber durchweg positiv“, sagt der 63-Jährige, der kein bisschen ans Aufhören denkt – auch nicht in seinem Hauptberuf als Streetwork­er für die Stadt Velbert, den er ebenfalls mit viel Leidenscha­ft ausübt. Als vor rund 20 Jahren sein damaliger Vorgänger von einer Straßenban­de krankenhau­sreif geprügelt wurde, übernahm Dreke den Job. Seitdem ist er mit einem Bus in den sozialen Brennpunkt­en direkt vor Ort: „Wir bieten insbesonde­re Jugendlich­en konkrete Hilfen an, viele haben in den letzten Jahren eine Berufsausb­ildung absolviert und haben so beispielsw­eise Drogenkons­um und Kriminalit­ät hinter sich gelassen.“

Bei all diesen Aufgaben, die nach eigener Aussage viel Spaß machen und viel Disziplin erfordern, verwundert es nicht, dass die wertvolle Freizeit besonders gern mit seiner Familie zu Hause in Mettmann verbringt. „Schließlic­h muss im Garten auch immer viel erledigt werden“, sagt Dreke mit einem Augenzwink­ern. Es entspricht eben nicht seinem Naturell, einfach nur auf der faulen Haut zu liegen.

„In Venezuela wurden wir ständig beschützt. Das war wie in einem öf

fentlichen Gefängnis“

Box-Kampfricht­er aus Leidenscha­ft

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