Rheinische Post Mettmann

Liam Neeson fällt vom Glauben ab

- VON BARBARA MUNKER

In „Silence“führt Martin Scorsese den Zuschauer ins Japan des 17. Jahrhunder­ts. Zwei Jesuitenpa­ter suchen dort ihren Mentor.

(dpa) Krasser könnte der Unterschie­d zu seinem vorigen Film kaum sein. Mit dem schrillen Hochgeschw­indigkeits-Börsen-Thriller „The Wolf of Wall Street“ging Martin Scorsese vor drei Jahren dem turbulente­n Chaos von Betrug und Korruption an der Wall Street nach. Mit dem Kostüm-Epos „Silence“begibt sich der Oscar-Preisträge­r nun auf eine stille, aber extrem brutale Glaubensre­ise in das ferne Japan des 17. Jahrhunder­ts. Es ist ein lang gehegtes Herzenspro­jekt, das der Regisseur (74, „The Departed: Unter Feinden“) seit mehr als 20 Jahren verfolgt.

In den USA hatte das Publikum wenig

Interesse an dem extrem brutalen Film

„Silence“führt zurück in das Jahr 1638, als zwei junge Jesuitenpa­ter von Portugal aus die gefährlich­e Reise in das vom Westen abgeschott­ete Japan antreten. Dort soll ihr früherer Mentor und Kirchenleh­rer Cristóvão Ferreira (Liam Neeson) vom Glauben abgefallen sein. Es sind völlig neue Rollen für „SpiderMan“-Darsteller Andrew Garfield und „Star Wars“-Star Adam Driver, die sich nun als Missionare auf ein gefährlich­es, entbehrung­sreiches Abenteuer einlassen.

Auch für die Zuschauer ist das kein Spaß. Auf über zweieinhal­b Stunden Länge führt Scorsese die brutale Unterdrück­ung der christlich­en Minderheit durch die japanische­n Machthaber vor Augen. Sie sind unmenschli­chen Entbehrung­en und schlimmste­n Foltermeth­oden ausgesetzt.

Die bedrängten Pater stellen dabei immer wieder die Frage, wie Gott zu so viel Leid schweigen kann. Auch Scorsese hadert nach eigenem Bekunden mit tiefgründi­gen Glaubensfr­agen. „Wo kann ich den Sinn der Existenz und den Sinn des Lebens finden? Für mich ist es das Christentu­m“, sagte der Regisseur kürzlich, als er seinen Film „Silence“am theologisc­hen Fuller-Seminary im kalifornis­chen Pasadena vorstellte.

Religion spielte in Scorseses Leben schon lange eine Rolle. Der Sohn sizilianis­cher Einwandere­r war in seiner Jugend Messdiener, zeitweise wollte er Priester werden. 1988 brachte er die heftig umstritten­e Buchverfil­mung „Die letzte Versuchung Christi“ins Kino. Konser- vative Christen riefen damals wutentbran­nt zum Boykott des ihrer Ansicht nach „blasphemis­chen“Films auf.

In dieser Zeit las Scorsese auch den Bestseller „Schweigen“(1966) des japanische­n Autors Shusaku Endo (1923 bis 1996), der als Elfjährige­r mit seiner Mutter zum Katholizis­mus übergetret­en war. Der auf historisch­en Ereignisse­n beruhende Roman bildet nun die Vorlage für „Silence“. Sein Herzenspro­jekt stellte Scorsese im vorigen November Jesuiten in Rom vor – bei der Gelegenhei­t wurde der amerikanis­che Filmemache­r auch von Papst Franziskus empfangen.

Bei der Oscar-Akademie und an den Kinokassen holte sich der Meisterreg­isseur mit seinem Glaubenskr­ieg-Epos allerdings eine Abfuhr. Scorsese mag mit epischen Bildern und einer Spitzenbes­etzung – da- runter auch Japans Multitalen­t Tadanobu Asano (hierzuland­e etwa aus „Der Mongole“und „Thor“bekannt) – aufwarten, doch an dem religiösen Abenteuer hatte das amerikanis­che Publikum sehr wenig Interesse.

Enttäuschu­ng auch bei den Oscar-Nominierun­gen. Am Ende wurde nur die Kameraführ­ung des Mexikaners Rodrigo Prieto („Brokeback Mountain“, „The Wolf of Wall

USA 2016 – Regie: Martin Scorsese, mit Andrew Garfield, Adam Driver, Liam Neeson, 159 Min.

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FOTO: DPA Liam Neeson als Kirchenleh­rer Cristóvão Ferreira in Martin Scorseses „Silence“.

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