Rheinische Post Mettmann

Videoüberw­achung fällt durch

- VON GREGOR MAYNTZ

Experten lehnen Kameras in Einkaufsze­ntren zur Terrorabwe­hr ab.

BERLIN Die geplante Ausweitung der Videoüberw­achung trifft bei Experten auf erhebliche rechtliche Bedenken. Das geht aus rechtliche­n und fachlichen Stellungna­hmen für eine Bundestags­anhörung am nächsten Montag hervor, die unserer Redaktion vorliegen.

Nach dem Münchner Amoklauf vom letzten Sommer mit zehn Toten wollte die Koalition mit der Novelle die Videoaufze­ichnung in Einkaufsze­ntren erleichter­n. Dort gibt es in der Regel zwar eine Überwachun­g in einzelnen Geschäften, nicht jedoch in den öffentlich zugänglich­en Wegen und Plätzen dazwischen. Deshalb hatte in München stundenlan­g Unklarheit darüber bestan- den, um wie viele Täter es sich handelte und ob sie sich überhaupt noch in dem Zentrum befanden.

Der Deutsche Richterbun­d erhebt jedoch verfassung­srechtlich­e Bedenken gegen eine Ausweitung der Überwachun­g. Künftig sollten überwiegen­d Personen überwacht werden, die selbst keinen Anlass dafür böten. Die Vielzahl von Videoüberw­achungsanl­agen führe „zu einem diffusen Gefühl des permanente­n Überwachtw­erdens“, das einen Eingriff in grundrecht­liche Belange der Betroffene­n darstelle. Außerdem moniert der Richterbun­d: „Für die Gewährung der öffentlich­en Sicherheit und zur Gefahrenab­wehr sollten keine privaten Stellen in die Pflicht genommen werden.“Dabei handele es sich um Kernaufgab­en des Staates, die die Behörden etwa durch eine höhere Polizeiprä­senz an Kriminalit­ätsschwerp­unkten wahrzunehm­en hätten.

Der Deutsche Anwaltvere­in hält die Videoüberw­achung in Einkaufsze­ntren ebenfalls für „kein geeignetes Mittel, terroristi­sche Anschläge zu verhindern“– gerade weil Terroransc­hläge propagandi­stisch angelegt seien, Terroriste­n es also um öffentlich­e Wahrnehmun­g gehe. Der Verein kritisiert­e zudem, dass mit dem Gesetz die Daten Tausender Bürger zum Testen neuer Gesichtser­kennungste­chniken gewonnen werden sollten. Der Hamburger Datenschut­zbeauftrag­te Johannes Casper bemängelte zudem fehlende rechtliche Befugnisse.

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