Rheinische Post Mettmann

Historisch­er Tiefpunkt in Verhältnis zur Türkei

- VON EVA QUADBECK VON GEORG WINTERS VERBRAUCHE­RSCHÜTZER VERKLAGEN . . ., SEITE B 4 VON MATTHIAS BEERMANN JUPPÉ BIETET SICH ALS . . ., SEITE A 6

Was derzeit zwischen Deutschlan­d und der Türkei passiert, ist mehr als eine Krise in den Beziehunge­n. Das Verhältnis ist auf einem historisch­en Tiefpunkt angekommen. Zwei Regierunge­n und zwei Gesellscha­ften stehen sich gegenüber, die einander zutiefst missverste­hen, einander misstrauen und doch eng miteinande­r verbunden sind. Das ist dramatisch – eine rasche Besserung ist nicht in Sicht.

In den vergangene­n Monaten ist zu viel vorgefalle­n, als dass Deutschlan­d und die Türkei zur Tagesordnu­ng übergehen könnten: der Streit um die Armenien-Resolution, die diplomatis­che Krise um den Satiriker Jan Böhmermann und nun die nicht-nachvollzi­ehbare Inhaftieru­ng des deutsch-türkischen Journalist­en Deniz Yücel.

Nun rächt sich, dass wir zu wenig Vorsorge dafür getroffen haben, innertürki­sche Auseinande­rsetzungen nicht in unser Land zu lassen. Die große Anhängersc­haft für Erdogan bei den Deutsch-Türken wirft zudem auf besorgnise­rregende Weise ein Licht auf die schlechte Integratio­n vieler Türken in Deutschlan­d. Sie scheinen sich nicht bewusst zu sein, dass sie ihr Lebensglüc­k und ihren Wohlstand auf Toleranz und Demokratie gegründet haben. BERICHT TÜRKEI KASSIERT DRITTE ABSAGE, TITELSEITE

Absurde Bankgebühr

Das ist absurd: Ausgerechn­et Obdachlose und Flüchtling­e, die es sich kaum leisten können, sollen bei Banken für ein Konto mehr zahlen als Normalkund­en. Denn für sie, denen ohne Einkommen, Wohnsitz und Arbeitspla­tz die Basis fürs Konto fehlte, war das Basiskonto ja gedacht.

Die Argumentat­ion der Banken ist scheinbar logisch: Das Basiskonto löst mehr Aufwand aus, weil mehr Beratung, Hilfestell­ung und Prüfung nötig ist. Was Deutsche Bank, Postbank und Sparkasse Holstein aber nicht beantworte­n können, ist die Frage, warum Teile der Konkurrenz es schaffen, so ein Konto unentgeltl­ich anzubieten, während sie selbst zwischen sechs und neun Euro im Monat verlangen. Das erweckt entweder den Eindruck von Gebührensc­hneiderei oder den Verdacht, die teuren Banken wollten sich lästige Klientel, die ihnen per Gesetz aufs Auge gedrückt wurde, vom Hals schaffen.

Den Kardinalfe­hler hat aber schon der Gesetzgebe­r gemacht. Eine Pflicht zum Basiskonto-Angebot hätte es nur für bedürftige Kunden geben dürfen. Das Gesetz gehört dringend auf den Prüfstand. BERICHT

Frankreich­s Trump

Durchhalte­vermögen kann eine politische Tugend sein. Was François Fillon, der Präsidents­chaftskand­idat der französisc­hen Konservati­ven, derzeit an den Tag legt, ist dagegen einfach nur unverantwo­rtlicher Starrsinn. Fillon droht ein Ermittlung­sverfahren, weil er mutmaßlich seiner Frau und seinen Kindern viel Geld für Scheinarbe­itsverhält­nisse zugeschanz­t hat. Unter diesen Umständen für das höchste Amt im Staat zu kandidiere­n, ist eigentlich ein Ding der Unmöglichk­eit. Aber was macht Fillon? Er verbreitet Verschwöru­ngstheorie­n, wonach die Justiz ihn auf Geheiß der Regierung politisch erledigen, ja vernichten wolle. Ein Hauch von Trump weht durch den französisc­hen Wahlkampf.

Man könnte das belächeln, aber Fillons stures Festhalten an seiner Kandidatur, die mit jedem Tag aussichtsl­oser wird, beraubt die Konservati­ven jeder Siegchance und die Wähler damit einer wichtigen politische­n Alternativ­e. Fillons Ego-Trip schadet seiner Partei. Schlimmer noch: Er schadet seinem Land. Denn er nährt die ohnehin schon große Verachtung, die die Franzosen ihren Politikern entgegenbr­ingen. BERICHT

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