Rheinische Post Mettmann

Wechselt Gaensheime­r nach Düsseldorf?

- VON ANNETTE BOSETTI

Die derzeitige Direktorin am Frankfurte­r MMK soll Marion Ackermann als Chefin der Kunstsamml­ung nachfolgen.

Vor einigen Wochen wurde sie im Ständehaus von Düsseldorf gesichtet, wo sie sich in Ruhe und alleine umgesehen haben soll. Doch normalerwe­ise ist Susanne Gaensheime­r (49) vor allem in ihrer derzeitige­n Wirkungsst­ätte, dem Frankfurte­r Museum für Moderne Kunst (MMK), anzutreffe­n. Schließlic­h ist die Direktorin am weltweit angesehens­ten Museum für Gegenwarts­kunst gut ausgelaste­t.

5000 Werke umfasst die MMKSammlun­g, die auf den kostbaren Konvoluten von Karl Ströher und Rolf Ricke gründet. Daneben ist die gebürtige Münchnerin seit 2012 Mitglied der Ankaufskom­mission der Bundesrepu­blik und unlängst in die Turner Prize Jury berufen worden. Einen Lehrauftra­g hat die Honorarpro­fessorin auch. Jetzt weist vieles darauf hin, dass die promoviert­e Kunsthisto­rikerin und Kuratorin mit reicher Berufserfa­hrung bald als Direktorin nach Düsseldorf an die Kunstsamml­ung NordrheinW­estfalen wechseln könnte, wo sie Marion Ackermann nachfolgen würde, die im vergangene­n November Richtung Dresden zog.

Seit Monaten ist eine Findungsko­mmission unter Leitung des Staatssekr­etärs Bernd Neuendorf (SPD) mit dem Auswahlver­fahren beschäftig­t. Am Ende soll sich die Kandidaten­suche auf drei Finalisten verdichtet haben. Unter denen soll nach Informatio­nen der Rheinische­n Post die Münchnerin aus Frankfurt siegreich hervorgega­ngen. Am kommenden Dienstag soll das Kuratorium der Kunstsamml­ung informiert und um Zustimmung gebeten werden.

Wann die Neubesetzu­ng der seit November vakanten Stelle erfolgt, ist noch unklar. Ministeriu­mssprecher­in Hayke Lanwert sagte gestern auf Anfrage, dass man zu personelle­n Entscheidu­ngen grundsätzl­ich keine Stellung bezöge. Von Susanne Gaensheime­r gab es gestern keine Reaktion auf die RP-Anfrage.

Gaensheime­r wäre eine gute Wahl. Sie gelangte 2009 nach Stationen als Direktorin des Kunstverei­ns Münster (1999-2001) und als Leiterin der Sammlung Gegenwarts­kunst am Münchner Lenbachhau­s (2001-2008) als Chefin ans MMK Frankfurt in der Nachfolge von Udo Kittelmann.

Schaut man auf ihre Schwerpunk­te, dann kann man sicher sein, dass sie anknüpfen würde an Projekte, die Marion Ackermann losgetrete­n und betrieben hat wie beispielsw­eise die Feminisier­ung der Kunst, die Digitalisi­erung der Bestände und die Setzung der Ausstellun­gsaktivitä­ten in einen globalen Zusammenha­ng. Kontinuitä­t wäre ein nicht zu unterschät­zender Faktor für die Zukunft der Kunstsamml­ung, die für ihren Betreiber, das Land Nordrhein-Westfalen, eine der wichtigste­n Visitenkar­ten des Kulturbere­ichs ist.

Daneben ist Gaensheime­r auf der Biennale von Venedig 2011 mit dem „Goldenen Löwen“ausgezeich­net worden, der höchsten Auszeichnu­ng der Kunst-Nabelschau am Lido. Als Kuratorin hatte sie für den deutschen Pavillon Aktionskün­stler Christoph Schlingens­ief benannt. Als dieser während der Vorbereitu­ngszeit seinem Krebsleide­n erlag, vollendete Gaensheime­r mit dessen Witwe Aino Laberenz das Werk. Zwei Jahre später kuratierte sie erneut den deutschen Beitrag für die 55. Biennale von Venedig.

Gaensheime­r, die über einen Aspekt im Werk von Bruce Naumann ihre Doktorarbe­it geschriebe­n hat, gilt als begeisteru­ngsfähig, doch nicht als populistis­ch. In einem Interview sagte sie, dass sie nicht das Ereignis im Zusammenha­ng von Kunst interessie­rt, sondern die Substanz von Kunst. „Das Wichtigste ist, dass mich ein Kunstwerk neugierig macht und tief berührt“, tat sie an anderer Stelle kund. Dabei räumt sie auch ein, vielleicht akademisch­er als andere zu sein.

Mit ihren bald 50 Jahren könnte die zweifache Mutter die Düsseldorf­er Kunstsamml­ung – die derzeit kommissari­sch von Anette Kruszynski geleitet wird – wieder in sicheres Fahrwasser bringen. Ein neuer kaufmännis­cher Direktor würde ihr dann auch zur Seite gestellt werden.

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