Rheinische Post Mettmann

Kaukasus-Konflikt in Luzern

- VON MARTINA STÖCKER

Ein Journalist, der im Tschetsche­nen-Milieu recherchie­rt, wird getötet. Ein schwacher „Tatort“.

LUZERN Der Kommissar Reto Flückiger (Stefan Gubser) steht mit seiner Geliebten nach einem Stelldiche­in auf dem Hotelbalko­n, als ein Mann an ihnen vorbei in die Tiefe stürzt. Der Ermittler, schon wieder komplett angezogen und mit Pistole und Handschell­en ausgerüste­t, rennt sofort los und bekommt statt den Täter in die Finger nur eine Tür vor den Kopf. Später liegt er am Tatort auf dem Bett und darf sich ausruhen. Die Spurensich­erung wird sich bedanken.

Solche Szenen wie diese gibt es viele im Luzerner „Tatort“. Wie so manches in dieser Anfangsseq­uenz wirken sie bemüht und unlogisch – erst recht, wenn man am Ende weiß, wer den Journalist­en aus dem Fenster gestoßen hat. Der Mann hatte einen Tschetsche­nen identifizi­ert, der unter falschem Namen in Luzern lebte. Für seine Freunde war dieser ein islamische­r Kämpfer für die tschetsche­nische Unabhängig­keit, für die russische Regierung war er ein Terrorist, dessen Auslieferu­ng sie beantragt hatte.

Aber nicht nur der Geheimdien­st ist hinter diesem Abaev her. Auch seine Nichte Nura (Yelena Tronina) will sich an ihm rächen, weil er ihre Mutter in ein Selbstmord­kommando geschickt haben soll. Ihr Bruder Nurali (Joel Basman) wurde als Waisenkind von einer Schweizer Familie adoptiert und lebt seit seinem fünften Lebensjahr in Luzern. Er fühlt sich als Schweizer, doch mit der Schwester kommt der Kaukasus-Konflikt in seine schicke Designer-Wohnung mit Blick auf die Alpen-Idylle. Die Hintergrün­de seiner Adoption? Bleiben unklar.

Der Fall mit dem Titel „Kriegsspli­tter“macht zumindest eines ganz deutlich: In einem Krieg gibt es kein Gut und kein Böse. Zudem gönnen die Drehbuchau­toren ihrem Kommissar Flückiger noch eine Affäre, die durch den Mord im selben Hotel auffliegt. Der betrogene Ehemann setzt seine Frau unter Druck. Der Kommissar ist gequält vom schlechten Gewissen, von nun an begegnen ihm überall glückliche Familien. Dieser Strang wirkt überflüssi­g, vor allem als seine Moral über die Liebe siegt. Da fehlt nicht nur seiner Kollegin Liz Ritschard (Delia Mayer) das Verständni­s. „Tatort – Kriegsspli­tter“, Das Erste, So. 20.15 Uhr

 ?? FOTO: ARD ?? Reto Flückiger (Stefan Gubser) verhaftet einen pro-russischen Agenten (Vladimir Korneev). Im Hintergrun­d sichert Liz Ritschard (Delia Mayer) ihren Kollegen ab.
FOTO: ARD Reto Flückiger (Stefan Gubser) verhaftet einen pro-russischen Agenten (Vladimir Korneev). Im Hintergrun­d sichert Liz Ritschard (Delia Mayer) ihren Kollegen ab.

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