Die Diamanten von Nizza
Aber Monsieur Pigeat ist angezählt, dass das klar ist, noch ein Fehler, und er fliegt“, schrie Ettore einmal, als Jacques wieder sein Dachstübchen bezogen hatte.
Die Signora war nun anders: entschlossener, aktiver, Jacques meinte eine Lebensgier in ihren Augen aufblitzen zu sehen, die er bis dahin nicht wahrgenommen hatte. Sie suchte das Abenteuer, den Nervenkitzel.
Aber sie würde auffliegen. Und er mit ihr. Diese verdammte Elena Morales hatte sie beide schon am Angelhaken. Sie musste nur noch kräftig ziehen, dann würden sie wie Fische auf dem Trockenen nach Luft schnappen.
Er bestellte noch einen Pastis. Diesen Geschmack von Anis hatte er lange vermisst. Draußen senkte sich die Dunkelheit herab, das Lokal füllte sich mit Jugendlichen, die bunte Schals und Käppis mit Aufschriften trugen. Die beiden freien Stühle an seinem Tisch wurden von zwei Männern belegt. Sie schienen alles über die Mannschaften zu wissen, die heute antraten. Jacques rief nach der Rechnung, und der Inhaber kam persönlich und fragte ihn freundlich, ob er nicht gleich noch das große Spiel sehen wolle, aber Jacques verneinte energisch: „Um Gottes willen, nein.“
16. KAPITEL
Philippe und Mimi fuhren kurz vor zehn Uhr morgens vor dem Haus auf Cap Ferrat vor, exakt zu dem Zeitpunkt, für den Sam ihren Besuch angekündigt hatte. Kathy Fitzgerald wartete bereits auf der vorderen Terrasse auf sie, in einem Zustand hochgradiger Erregung. Sie winkte und eilte herbei, die beiden zu begrüßen.
„Hallöchen! Fein, dass Sie kommen konnten.“Plötzlich kam ihr ein grauenhafter Gedanke, der zur Fol- ge hatte, dass sie abrupt innehielt und die Stirn runzelte. „ Parlez anglais? Sam hat nichts dergleichen verlauten lassen.“
Philippe beruhigte sie, wobei er seinen leicht amerikanisch anmutenden Akzent vielleicht ein wenig übertrieb, und stellte Mimi vor, eine waschechte Französin, die „besser Englisch spricht wie ich.“
„ Als ich“, korrigierte ihn Mimi lächelnd. Ihre Grammatikkenntnisse waren erheblich ausgefeilter als Philippes.
Kathy war offenkundig erleichtert. „Fantastisch!“, erwiderte sie überschwänglich. „Ich bin sicher, dass ihr zwei Hübschen erst einmal einen Kaffee trinken wollt, bevor wir loslegen.“Sie führte sie zu einem Tisch auf der Terrasse, wo Odette, das Hausmädchen der Fitzgeralds, gerade damit beschäftigt war, Tassen, Unterteller, Kaffeekanne und Croissants anzuordnen. Die drei nahmen am gedeckten Tisch Platz, um sich wechselseitig einer verstoh- lenen Musterung zu unterziehen. – Wie Philippe später erklärte, konnte Kathy nicht leugnen, eine wohlhabende Amerikanerin zu sein: Die glänzenden blonden Haare, der makellose Teint, der Körper einer Zwanzigjährigen und die Kleidung, die gleichermaßen lässig wie auch extrem hochwertig wirkte, verrieten sie. Um nicht in den Schatten gestellt zu werden, hatte sich Mimi für ihr sogenanntes Society-Fotografen-Outfit entschieden – einen schwarzseidenen Gehrock über einem weißen T-Shirt, weiße Jeans und weiße Mokassins aus dem oberen Preissegment des italienischen Modelabels Tod’s. Philippe hatte dem Reiz der Salut!-T-Shirts widerstanden und seine Lieblingskluft gegen einen Anzug aus dunkelblauer Baumwolle, ein blau-weiß gestreiftes Hemd und das Markenzeichen urbaner Coolness, die hippen Stoppeln eines Dreitagebarts, eingetauscht. (Fortsetzung folgt)