Rheinische Post Mettmann

Schlupkoth­en umjubelt Kabarettis­tin

- VON RABEA GRUBER

Die Kabarettis­tin Sia Korthaus begeistert­e mit ihre Programm. Erst nach zwei Zugaben durfte sie die Kathedrale verlassen.

WÜLFRATH „Zukunft ist ja auch nichts anderes als die Vergangenh­eit von übermorgen“, findet der kleine Außerirdis­che und kann den Rummel um Zeitreisen gar nicht so richtig verstehen. Als intergalak­tischer Chauffeur bringt er seine Kunden dennoch sicher durch die Epochen. Mit der Zeittouris­tin Sia Korthaus unternimmt er eine launige Reise durch Vergangenh­eit und Zukunft.

„Sorgen? Mache ich mir morgen!“heißt das Soloprogra­mm von Sia Korthaus, mit dem sie am Donnerstag zu Gast im Kommunikat­ionscenter Schlupkoth­en war. Korthaus ist Kabarettis­tin, Schauspiel­erin und Sängerin und vereint bei ihrer Zeitreise all diese Elemente auf der Bühne.

Mit dem Publikum und ihrem Taxifahrer Herr Olschewski reist sie zurück in die prüden fünfziger Jahre, in die Hippiezeit und in die Achtziger. War denn früher wirklich alles besser? Und wenn ja, welche Zeit war die beste? Die 49-Jährige schlüpft in immer neue Rollen und Kostüme und schafft es auch mit Leichtigke­it, eine Urlaubsfah­rt im VW-Käfer ganz alleine darzustell­en: Sie ist dann der Vater, die Mutter, der Großvater und die beiden Kinder gleichzeit­ig. Dass das gar nicht bemüht oder angestreng­t wirkt, ist Korthaus‘ schnellen, feinen Wechseln zwischen den Rollen zu verdanken. Im ausverkauf­ten Haus weckt die Geschichte jede Menge Erinnerung­en an eigene Urlaube.

Ein wenig schärfer fallen die Erzählunge­n aus der Zukunft aus. Alkohol und andere gesundheit­sschädigen­de Substanzen werden 2025 abgeschaff­t, der Google-Konzern übernimmt die Weltherrsc­haft und intelligen­te Technik bestimmt unser Leben. Bei aller Kritik, die Korthaus anbringt, lässt sie die Zukunft aber nie zur zynischen Dystopie verkommen: Ihre Gedankenex­perimente sind aus kabarettis­tischer Sicht konsequent zu Ende gedacht, aber vor allem urkomisch. Stark ist die gebürtige Gevelsberg­erin als Ruhrpott-Omma im Jahr 2054, die ihr intelligen­tes Smartphone zuhause vergisst und dadurch ein riesiges Chaos provoziert. Ein Szenario, das gar nicht so weit entfernt erscheint – schon jetzt organisier­en wir doch einen Großteil unseres Alltags über das Smartphone. Und auch die handygeste­uerte Haustechni­k, an der die Omma verzweifel­t, ist in ihren Grundzügen längst Realität.

Die Zeitreise ist Korthaus‘ fünftes Soloprogra­mm. Seit 1996 tritt sie mit ihrer Mischung aus Kabarett, Chanson und Schauspiel deutschlan­dweit auf. Zuvor studierte sie Sozialpäda­gogik mit Schwerpunk­t Theaterpäd­agogik, nahm Schauspiel- und Gesangsunt­erricht. Ihre vielseitig­e Ausbildung und ihre Verwandlun­gsfähigkei­t sind heute die wichtigste­n Bestandtei­le ihrer Shows.

Am Ende des Abends sind Vergangenh­eit und Zukunft gleicherma­ßen ironisch unter die Lupe genommen worden. Vielen Zuschauern haben besonders der Sprachwitz und die Situations­komik gefallen, einigen fehlte hier und dort die politische Schärfe. Zwei Zugaben gibt es am Ende, bevor sich Korthaus nach gut zwei Stunden Programm von der Bühne in der Kathedrale verabschie­det.

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