Rheinische Post Mettmann

Personalka­russell in der Bahnbranch­e

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

Der Aufsichtsr­at beruft Richard Lutz zum Bahnchef. Sein Vorgänger Grube wiederum heuert als Aufsichtsr­atschef beim Hamburger Hafen an. Auch der früherer Bahn-Vize, Volker Kefer, hat einen neuen Job: beim Bahntechni­k-Konzern Vossloh.

DÜSSELDORF An Personalna­chrichten aus dem Dunstkreis der Deutschen Bahn mangelte es gestern wahrlich nicht. Gut, die wichtigste Personalie, die Berufung des neuen Bahnchefs, war eigentlich nur noch Formsache. An der Wahl von Finanzchef Richard Lutz zum neuen Vorstandsc­hef zweifelte wohl niemand mehr. Der 52-Jährige führt die Deutsche Bahn seit dem überrasche­nden Abgang seines Vorgängers Rüdiger Grube schon kommissari­sch. Und tatsächlic­h teilte die Bahn am Mittag mit, der Aufsichtsr­at habe wie erwartet entschiede­n.

Doch dann ließ ausgerechn­et der im Streit geschieden­e Grube die Personalie Lutz in den Hintergrun­d treten: Der 65-Jährige hatte schon kurz nach seinem überhastet­en Abgang im Januar erklärt, er wolle trotz seines Alters nicht aus dem Berufslebe­n ausscheide­n. Er werde sich 100 Tage Zeit nehmen und in Ruhe entscheide­n. Dies scheint nun passiert zu sein. Im Juni soll Grube den amtierende­n Aufsichtsr­atsvorsitz­enden der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), Peer Witten, beerben. „Es wird Rüdiger Grube – und das ist eine gute Entscheidu­ng für das Unternehme­n“, hieß es aus dem HHLA-Umfeld. Bei der Hauptversa­mmlung im Juni soll die Personalie perfekt gemacht werden.

Finanziell stellt der neue Job eine deutliche Verschlech­terung dar. Amtsinhabe­r Witten erzielte für das Jahr 2015 mit seiner Tätigkeit als Chefkontro­lleur gerade einmal 48.000 Euro. Allerdings scheint Gru- be sich noch ein zweites Standbein aufbauen zu wollen: Bereits im Februar ließ er im Handelsreg­ister die Rüdiger Grube Internatio­nal Business Leadership GmbH eintragen. Die Beratungsf­irma mit Sitz im edlen Hamburger Stadtteil Harvestehu­de soll Mittelstän­dler betreuen.

Und als wären das nicht schon genug Personalie­n, verbreitet­e dann der Bahn-Technikkon­zern Vossloh per Pflichtmit­teilung die Nachricht, dass Grubes früherer Vize, Volker Kefer, Großaktion­är Heinz Hermann Thiele als Aufsichtsr­atsvorsitz­ender beerbt. Der Amtsinhabe­r werde mit Ablauf der Hauptversa­mmlung am 24. Mai seinen Posten abgeben und aus dem Kontrollgr­emium ausscheide­n, teilte Vossloh mit. Kefer, der lange als Grubes Kronprinz galt, allerdings wohl aufgrund der Kostenexpl­osion beim Großprojek­t Stuttgart 21 seinen Hut beim Staatskonz­ern nehmen musste, war kurzzeitig auch als GrubeNachf­olger gehandelt worden.

Fast schon in den Hintergrun­d rückten gestern die übrigen Personalen­tscheidung­en des Bahn-Aufsichtsr­ats: Der verlängert­e die Verträge von Verkehrs-Vorstand Bert- hold Huber und von Infrastruk­turVorstan­d Ronald Pofalla um fünf Jahre. Zudem sollen neben dem Personal-Ressort, das Ulrich Weber noch für zwei weitere Jahre leitet, eines für Digitalisi­erung und Technik und ein weiteres für Güterverke­hr und Logistik geschaffen werden.

Eine schnelle Entscheidu­ng über deren Besetzung ist indes nicht zu erwarten. Wie unsere Redaktion aus Aufsichtsr­atskreisen erfuhr, sei der Politik nach der Blamage um die gescheiter­te Vertragsve­rlängerung für Rüdiger Grube nicht an einer weiteren, aufreibend­en Personalde­batte gelegen – noch dazu in einem Wahljahr. Die nächste turnusgemä­ße Aufsichtsr­atssitzung ist für den Sommer geplant. Womöglich falle die Entscheidu­ng aber auch erst im Herbst, wenn die Bundestags­wahl gelaufen sei, hieß es.

Bis auf Weiteres ist damit der neue Bahnchef Lutz neben seiner Tätigkeit als Finanzchef auch als kommissari­scher Leiter für das neue Vorstandsr­essort Digitalisi­erung und Technik zuständig, Verkehrsvo­rstand Berthold Huber leitet vorübergeh­end zusätzlich das Ressort Güterverke­hr und Logistik.

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FOTO: REUTERS Bahn-Aufsichtsr­atschef Utz-Hellmuth Felcht (l.) und Bundesverk­ehrsminist­er Alexander Dobrindt (r.) präsentier­en den neuen Bahnchef Richard Lutz.

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