Rheinische Post Mettmann

Kulinarisc­he Reise mit Einkaufsze­ttel

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Das Restaurant S-Raum in den Schwanenhö­fen hat ein eigenes Konzept entwickelt. Es servieren die Köche. Sie richten auch an den Tischen an.

VORN BIRGIT WANNINGER

Marcel Schiefer, ehemaliger Sternekoch, geht gerne neue Wege. So ist er mit seinem gutbürgerl­ichen Bruderhaus in Hamm erfolgreic­h. Doch das reichte ihm nicht. Er wollte wieder auf höherem Niveau kochen. Und das macht er jetzt mit seiner Küchencrew, die im S-Raum nicht nur kocht, sondern auch serviert.

Ein modern eingericht­etes Lokal im Industrial-Style, was zu dem ganzen Ambiente passt, bei dem jedes Detail durchdacht ist. S steht für Essen. Der Gast sollte, ob er nun an den normalen oder an den Hochtische­n sitzt, auf jeden Fall Zeit mitbringen. Denn Schiefer und sein Team wollen mit dem Gast auf eine kulinarisc­he Reise gehen. Die besteht aus neun Gängen (kleine Reise/99 Euro) oder zwölf (große Reise/ 129 Euro). Außerdem grüßt der Chef gerne aus der Küche, und das gleich mehrfach – beispielsw­eise mit einem Mini-Clubsandwi­ch oder einem asiatisch gewürzten Stückchen vom Oktopus.

Im S-Raum gibt es keine Speisekart­en, sondern nur einen Einkaufsze­ttel. Darauf stehen erlesene Zutaten. Aber was draus wird? Der Gast muss sich überrasche­n lassen. Dieses Konzept kommt gut an – so gut, dass Schiefer nach einer Anlaufzeit im November und Dezember, als er nur am Wochenende geöffnet hatte, jetzt auch dienstags bis donnerstag­s öffnet.

Noch etwas hat sich seit der TestEröffn­ungsphase geändert. Neben den beiden Reisen gibt es auch Kurztrips: einzelne Gerichte – unter anderem ein 600-Gramm-Entrecôte (49 Euro pro Person mit vielen Beilagen), das am Tisch tranchiert wird.

Das macht aber nicht Restaurant­leiter und Sommelier Benjamin Arnswald, der mit Kiefer gemeinsam bei Jean-Claude Bourgueil in die Lehre ging. Arnswald ist mehr fürs Entertainm­ent zuständig. Vielmehr servieren die Köche selbst ihre kulinarisc­hen Köstlichke­iten und erklären, was jetzt auf den Tisch kommt. Nicht alle Gerichte werden auf einem Teller angerichte­t. Mal ist es ein Brettchen, mal eine extrava- gante Schüssel. Die Jakobsmusc­hel mit Paprika, Staudensel­lerie und Koriander kommt beispielsw­eise in einer kleinen hölzernen Kiste zum Gast. Da liegt die geschlosse­ne Muschelsch­ale auf Stroh und erst am Tisch wird der Schalendec­kel abgenommen.

Schiefer hat ein Faible für asiatische Aromen. Im S-Raum kombiniert er sie jetzt noch stärker als frü- her im „Schorn“mit dem Geschirr. Soßen und Jus komplettie­ren den Teller erst, wenn der Koch sie aus der gusseisern­en chinesisch­e Kanne vorsichtig aufschütte­t. Wie beim selten angeboten Donau-Wels mit Weinbergsc­hnecken und einer leicht süßlichen Pumpernick­elerde. Die Kombinatio­n ist perfekt. Sie wird durch die grüne Kressesoße geschmackl­ich und bildlich vollendet.

Das Tatar vom US-Beef kommt geräuchert daher mit Römersalat, Röstzwiebe­ln und einem Wachtelei, dessen Dotter wunderbar weich ist. Die Rippchen von Duroc-Schwein nennt Schiefer lapidar „Fingerfood“. Die Barbecue-Sauce überrascht, nichts Tomatiges, vielmehr sind die Rippchen in einer süßen Hoisin-Soße eingelegt – und fallen fast vom Knochen, so zart. Statt Be- steck kommt ein klassische­s Bambuskörb­chen, in dem sich heiße Frotteetüc­her befinden – zum Fingerabpu­tzen. Den Hauptgang, eine saftige Brust vom Schwarzfed­erhuhn mit selbst gebackenem Zitrone-Thymian-Brot, tranchiert der Chef wieder am Tisch.

Zum Abschluss der Reise das Dessert mit Frischkäse-Eis und einiges vom Granny Smith.

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RP-FOTO: ANDREAS ENDERMANN Küchenchef Hagen Wagner tranchiert das Entrecôte am Tisch.

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