DEMOKRATIE-SERIE (9)
Welches Verhältnis pflegen Migranten zur Demokratie? Unterscheiden sie sich darin von Deutschen? Untersuchungen belegen bedenkliche Tendenzen und erstaunliche Gemeinsamkeiten.
den Gründen, warum sie die Bundesrepublik als Ziel wählten, nennen in einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, des Bundesamtes für Migration und des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung aus dem Jahr 2016 fast drei Viertel die Achtung der Menschenrechte. Die repräsentative Erhebung zieht direkte Vergleiche zu Umfragen unter Deutschen.
So unterstützen 96 Prozent der Geflüchteten die Aussage, dass „man ein demokratisches System haben sollte“. Das finden auch 95 Prozent der Deutschen. 96 Prozent der Geflüchteten und 92 Prozent der Deutschen sind überdies der Meinung, „dass Menschen ihre Regierung in freien Wahlen bestimmen sollen“. Jeweils 92 Prozent sehen Gleichberechtigung als Bestandteil der Demokratie.
Rund ein Fünftel der Geflüchteten sympathisiert mit der Idee eines „starken Führers, der sich nicht um ein Parlament und um Wahlen kümmern muss“. Dem schließen sich allerdings auch 22 Prozent der Deutschen an. Ferner begrüßen 55 Prozent der Geflüchteten, dass Experten und nicht die Regierung entscheiden sollten, was für das Land das Beste ist. Bei den Deutschen sind es 59 Prozent.
Die Frage, ob ein Religionsführer die Auslegung der Gesetze bestimmen soll, beantwortet eine Minderheit von 13 Prozent der Geflüchteten mit Ja. Dieser Wert liegt deutlich über dem der Deutschen (immerhin acht Prozent), wird allerdings von Ägyptern, Algeriern, Irakern, Jemeniten, Libyern und Palästinensern nach oben getrieben, von denen etwa 55 Prozent dafür sind.
So groß die Unterschiede zwischen Deutschen und Zuwanderern bei der Herkunft sein mögen – beim Demokratieverständnis liegen sie bisweilen erstaunlich nahe beieinander. Interessant wäre, wie Zuwanderer wohl eine Umfrage beantwortet hätten, bei der sich Deutsche unlängst so positionierten: Mehr als 60 Prozent glauben, dass in ihrem Land keine echte Demokratie herrscht. Drei von zehn Befragten gaben an, sie könnten sich eine wirkliche Demokratie nur ohne Kapitalismus vorstellen. Ein Fünftel forderte eine Revolution, da Reformen die Lebensbedingungen nicht verbesserten.